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rri«. M 8«u»Ie cüot«- klatr ?I»t2 strate, AK., II hmitz. en 2. Febr.: toffetfalat. in lrn cte) von ivsi, lork. ist er- hr bald ste. öUv 2. Beiblätter« Nummer Del HächlWk Mäkler. Sonntag, de« 1. Februar 1V14. Gesang. Kein Volk der Erde hat ein derart entwickeltes Ge- sarrgsleben, wie das deutsche Volk. Schon der Knnstgesana im Männerchor steht wohl an der Spitze aller ähnlichen Be strebungen anderer Völker. Aber noch viel weiter geht die ser Unterschied in der Liebe zum einfachen, schlickten Volks gesang. Es wird auch wenige Momente geben, die so nach drücklich auf das Gemüt des Deutschen einzuwirken vermöch ten, wie der Gesang. Wenn je eine Eigenschaft in solch rei chem Matze in Liedern gefeiert worden ist, daß man auf seine Verherrliche! das Wort Anastasius Griin's anwenden kann: „Wann werdet Ihr Poeten — des Dichtens einmal müd' . . .?" so ist es die der Sangeslust! Der Deutsch weiß es aber auch Wohl zu schätzen, was er an der Entwick lung des Gesanges und insonderheit des Volksgesanges, hat. Er weiß, daß Chamisso aus reicher Erfahrung heraus und jedem im Gemüt tief Empfänglichen wie aus der Seele ge sprochen hat, als er die Worte prägte: „Sollst uns nicht lange klagen, — Was alles Dir wehe tut. — Nur frisch, nur frisch gesungen! — Und alles wird wieder gut." Und es ist keineswegs klotze Formsache, wenn unser Kaiser so viel vom deutschen Gesang, vom deutschen Männergesang hält und sich aufmerksam um seine Weiterentwicklung umschaut. „Macht des Gesanges" heitzt ein Gocthesches Gekickst, und schon die alten Hellenen wuhten von dieser Macht zu reden. In der unsterblichen Legendengestalt des Orpheus haben sic ihr Urteil über den Gesang und seine Wirkungen niederge legt, und ein schöneres und in seiner Einfachheit geradezu überzeugenderes Anerkenntnis ist ihm vielleicht nie gegeben worden.... Ein kleines Lied. Ein kleines Lied, wie geht's nur an, Daß man so lieb es haben kann, Was liegt darin? Erzähle! — Es liegt darin ein wenig Klang, Ein wenig Wohllaut und Gesang, Und eine ganze Seele. Marie von Ebner-Eschenbach. Sangeskunst Wir üben eine schöne Pflicht, Wir Sänger, jung und alt, Dem Blumenduft, dem Sternenlicht Gibt unser Sang Gestalt. Ter Lüfte Hauch, der Wellen Klang, Des Herzens Leid und Lust, — Und Alles steigt als Heller Sang Verklärt aus unsrer Brust. Wir finden für den stillsten Traum Dos Wort als Deuterin, Und was die Meisten ahnen kaum, Uns liegt es klar im Sinn. Was Tausenden das Herz umzieht Als trüber Tämmerschein, — Wir singen es in einem Lied Laut in die Welt hinein! Hermann Rollett. Dor hundert Jahren Ehroaik des Befreiungskrieges. 29. Januar 1814. Blücher hatte sich von Nancy südwestwärts gewandt, überschritt die Marne und langte in den letzten Januar tagen bei Brienne an der Aube an. Hier erfolgte ein wenig glücklicher Zusammenstoß mit Napoleon. Eine russische Abteilung des schlesischen Heeres unter Sacken kam ins Ge- fecht mit dem Gegner, wurde in der Stadt hart bedrängt und verlor 3000 Mann. Allerdings verloren die Franzosen im Kampf um die brennende Stadt fast ebensoviel an Toten, wobei auch die Garden viel litten. Um Mitternacht mußten die Russen die Stadt räumen. Fast wäre es Napoleon geglückt, in dieser Nacht seinen alten Feind Blücher zu fangen. Dieser hatte Quartier in dem Schlosse von Brienne bezogen. Napoleon, hier als Kriegsschüler ausgebildet und deshalb mit allen Schleicl)- wegen gut vertraut, hatte einen Überfall des Schlosses ange ordnet, der auch fast gelungen wäre. Graf Nostiz, der vor sichtshalber die Pferde gegen Blüchers Befehl nicht hatte ab zäunen lassen, berichtet über den Überfall. — „Es fiel ein Schuß im Park, die Kugel schlug an die Mauer. Mau achtete nicht darauf, da nach einen: Gefecht einzelne Schützen, inn das Gewehr zu reinigen, den alten Schuß abfeuern. Aufmerksamer wurde man, als jetzt ein zweiter, ein dritter Schuß fiel. Tas Geknatter wurde lebhafter und kam näher. „Der Feind ist im Park! Ter Feind ist im Schloß!" er- scholl es dann von mehreren Seiten. Nostiz eilte die Stie gen hinauf, den Fcldmarschall und Gneisenau zu rufen. Golz und Schwerin brachten die Pferde. Das Hauptquar tier schlug den Weg nach der Stadt ein. Bei dem Flam- menschein der brennenden Häuser erkannte man einen Trupp französischer Reiter. Der Feldmarschall zog vom Le- der und machte sich zum Einhauen fertig. Gneisenau fasste den Zügel seines Pferdes und zwang ihn, in eine Seiten- gasse einzubiegen. Sie waren gerettet . . . General Sacken wurde durch die Geistesgegenwart seines Adjutanten geret tet. Dieser, ein Franzose von Geburt, rief den umringenden Feinden zu: „Nous sommcs de vous!" (Wir gehören zu Euch!) Am 29. Januar starb auch Fichte, der mit feinen „Re den an die deutsche Nation" viel dazu beigetragen hatte, daß sich das Volk gegen den fremden Bedrücker erhob. l. Februar 1814. Blücher, auf den Wunsch des Zaren für einen Tag mit dem Oberbefehl über die vereinigten verbündeten Trup pen betraut, schlägt Napoleon bei La Rothidre, während das ganze große Hauptquartier, Schwarzenberg und die Souveräne in Trannes der Schlacht zusehen. 125 000 Ver bündete hätten zur Verfügung gestanden, um die 45 000 Mann, die Napoleon mit Mühe und Not zusammengebracht hatte, zu vernichten. Es Ivar nicht Blüchers Schuld, daß nur 05 000 Mann in der Schlacht selbst zur Verwendung kamen und daß er seinen Sieg über Napoleon nicht ausnuhen konnte. In der Hauptsache halfen ihm die Schlacht gewin nen die Missen des Generals Sacken. Ueberhaupt kamen von Preußen nur 5 Schwadronen ins Gefecht. Die Ent scheidung mußte bei dem Orte La Rothiäre gesucht werden, wo die französische Infanterie und ein Kavallerickorps Ver teidigungsstellung genommen hatten. Nach hartem Kampfe drang die russische Infanterie in die Häuser und Gärten des Ortes ein, die feindliche Infanterie begann zu weichen. In diesem kritischen Augenblick brach das französische Kaval leriekorps mit allen verfügbaren Reserven hervor und fing an, die russische Infanterie zu werfen, als wieder russische Dragoner einen umfassenden Gegenangriff machten und mit Unterstützung der Infanterie den Feind warfen. Die hier befindliche Artillerie von 24 Geschützen wurde genommen und die französische Kavallerie für den ganzen Tag verjagr. Ter Kampf um das Dorf dauerte trotzdem noch bis zum Abend. — Indessen hatte der Kronprinz von Württemberg auf dem rechten Flügel um den Besitz des Torfes La Gibrie einen lieldenmütigen Kampf bestanden. Doch kanien ihm die Unterstützungen, die auf des Zaren persönliches Ersticken den Blücherschen Reserven entnommen wurden, durchaus ungelegen, da er selbst einsah, daß nicht auf seinem Flügel, sondern im Zentrum die Entscheidung fallen müsse. — Na poleons Verluste betrugen 5—6000 Mann an Toten und Verwundeten, 4000 Gefangene, 73 Kanonen. Die Verbün deten verloren etwa 5500 Tote und Verwundete. Infolge der zögernden Haltung des Hauptquartiers unter Schwar zenberg blieb Napoleon unverfolgt. Zeitgemäße Betrachtungen. Ausblicke! Wohl spürt die Welt: Es geht bergan, — nun hegt sie neue Träume, — es stieg zu St. Sebastian — der Saft sck>on in die Bäume. — Und ruht auch noch in manä-em Gau — der Frost auf den Gefilden, — der Sonne Macht, des Himmels Blau — wird neues Leben bilden! — — Natur erwacht so peu ä peu —, sie will nicht schmucklos bleiben — Schneeglöckchen blühen untern: Sckmec, — Kro- tuS und Tulpen treiben — ein Sonnenblick schon hier und dort — läßt ahnen, Ivas dahinter, — jedoch noch blüht der Wintersport — vorläufig ist's noch Winter! — — Noch rodelt mau zum Zeitvertreib — und nach den neusten Moden — hüllt sich noch sckmeidig Mann wie Weib — in Sweater und in Loden. — Man sieht nicht mehr, Iver Frau, wer Mann — bei fröhlichem Gesäuse, — hier hat die Frau die Heimat. Original-Roman von A. Marby. iS. Fortsetzung.) Nachdruck: verboten.) „Hier unten, rechts die erste Türe! Wollen Sie mir folgen, mein Herr, oder darf ich Sie melden?" „Danke sehr, bemühen Sie sich nicht." Bei seinen letzten Worten stand der Fremde schon vor der bezeichneten Türe, um nach kurzem Anklopfen und einem darauf von innen erfolgenden laut auffordernden „Herein" im Zimmer des Administrators Frau Müllers nachschauendcn Blicken zu entschwinden. 5. Wer mit dem Bahnzuge Station „Eckartsburg", die den Reisenden nur eine Minute Aufenthalt gewährte, passierte, überschaute weit und breit einen flaä)cn Landstrich Aecker und Wiesen. Links von der Haltestelle mit dem Bahnhofs gebäude, in ungefähr viertelstündiger Entfernung deutete ein hoher, spitzer Kirchtum, umgeben von roten Ziegel dächern das Vorhandscin des kleinen alten Landstädtchens an. Daß ihn: jedoch auch industrieller Betrieb nicht mehr fremd, zeigten ein paar hohe Fabrikschlote, denen unauf haltsam lange sck)warze Tampffahnen entquollen. Auch das Städtchen lag in flacher, reizloser Umgebung, darum wandten die Blicke der mit dem Dampfroß eilig Vor- überglettenden sich bald gleichgültig ab und fanden, rechts schweifend, einen angenehmen, dem Auge leider allzufliich- tig vorübergleitenden Ruhepunkt an der Waldlisiere, die sich gleich einer dunklen Wand am fernen Horizont ent- lang zog. Jener Wald gehörte zur Standesherrschaft Eckarts- bürg, sie abgrenzend vom königlict-en Forst, der sich meilen weit erstreckte. In der flachen Oase erscheinend lagen die zu Eckarts- bürg gehörigen Ländereien in einer fruchtbaren Bodensen kung, abwechselnd mit anmutig gewellten Hügeln. Park und Wald durchzogen saust rieselnde Bäche, und geheimnis voll murmelnde Quellen schossen unter überhängenden Bergkuppen hervor, von hohen grünen Farn umrahme. Wer zum erstenmal dorthin kam, wurde angenehm über- rascht von der ungeahnten Romantik der Eckartsburger Waldpartien, im Sommer das häufige Wanderziel ozonbe- dürftiger Ausflügler aus naher und weiter Umgegend; selbst aus der Hauptstadt führten „Lufthunger" und „Neu gierde" allsommerlich Vergnügungssüchtige, die, um mit reden zu können, überall gewesen sein müssen, nach den: Eckartsburger Walde. Besonders an Sonntagen lwllte er dann wieder von singenden, lachenden, heiter schwatzen den Menschenstimmen, wogegen an den Wochentagen der heilige Gottcsfricdcn im Buchcndomc selten gestört wurde. Seit ungefähr zwölf Jahren wurde das Betreten des großen Schlotzparkes fremden Besuchern nickt mehr gestat tet und zwar auf Befehl der letztverstorbenen Baronin, die nach den: jähen Tode ihres Erstgeborenen einer zunehmen den Melancholie verfiel, ihre Tage in ungestörter Einsam keit hinzubringen wünschte, unbelästigt durch den selbst zu fälligen Anblick froher, glücklicher Menschen, die ihr has senswert dünktcn. Ihr Verbot bestand auch nach ihrem Tode fort. So blieb neugierigen Späherblicken die allmählich zunehmende Verwilderung und der Verfall der großartigen Parkanlagen verborgen; dennoch, wurde nicht allein hiervon übergenug laut — mehr und mehr drangen Gerüchte in die Öffentlich keit von den: unaufhaltsamen Ruin, dem die heillos ver schuldete, ehedem herrliche Besitzung des alten frciherrlichen Geschlechts der Eckartsburg augenscheinlich entgegcntrieb. Wo der Park sich in den Wald zu verlieren schien, nur durch ein hohes Trahtgitter getrennt, lag die „Meierei", in diametral entgegengesetzter Richtung von: Mausoleum; um von einem Gebäude nach dem anderen zu gelangen, mutzte der Park in seiner ganzen Länge durchschritten werden. Die Meierei! Wer damit etwa unwillkürlich eine „Musterfarm" in Verbindung brachte, befand sich im Irrtum. Mit Land- wirtschaft hatte die „Meierei" nichts zu tun. Es war ein zierliches Schweizerhänschcn, das obere Stockwerk rings von einer breiten Galerie umgeben. Der letztverstoroene Baron von Eckartsburg hatte cs eigens für seine Gemahlin erbauen lassen, die dann gern dort geweilt, Waldeslust ai- inend — und an sclwncn Sommerabenden mit ihrer Familie und zeitweiligen Gästen daselbst den Tee eingenommen hatte. Dieses bescheidene TuSkulum hatten die Baronessen von Eckartsburg in der festen Überzeugung: Das müttcrliä« Eigentum wäre ihr unanfechtbares Erbe, bezogen, als ihnen nach des Datcrö Ableben die nötige Aufklärung über ihre vollständig zerrütteten Vermögensverhältnisse zuteil werden mußte. Daß „Eckartsburg" Majorat und sie als Töchter des Hauses keine Ansprüä>e zu erheben hatten, war ihnen aller dings seit je bekannt, aber daß auch ein zur Sick>crstellung ihrer Existenz festgelegtes Kapital bis auf einen geringen Rest, worauf sie noch freiwillig verzichteten, verbraucht worden war, hatten die armen Vermögenslosen nicht ge ahnt. Ter Gedanke, künftig von der Großmut des Majo ratsherrn abhängig zu sein, hatte für die beiden Mafien etwas ungemein Demütigendes. Nur kein „Gnadenge schenk" annehmen. Nun sie kein „Recht" mehr besaßen, in: Schlosse zu wohnen, brannte ihnen der Boden unter den Füßen. Ungeachtet aller Einreden ihres juristischen Be raters und wohlmeinenden Freundes, Justizrat Kaltenbach, verließe:: sic das alte stolze Schloß und nahmen Besitz von der „Meierei". Wann und woher nun der neue Majoratsherr kommen mochte, er fand „freie" Bahn, frei von lästigen Anhängseln, denen ihr Stolz und Selbstvertrauen gebot, sich anS eigener Kraft ihren Unterhalt zu erwerben. Ach! wieviel leichter n-ar das gedacht, als getan! Wohl Imtten die Baronessen in den kostspieligsten Scchveizer Pensionaten vorzüglichen Unterricht in allem Wissenswerten erhalten, aber im Grunde genommen wars doch nur ein „Nippen" von den verschiedensten Lehrqegenstäuden gewesen, unzureichend, darauf eine sorgenfreie Existenz zu begründen. Manche bit- irre Enttäuschung und Demütigung blieb den verwöhnten vornehmen Damen nicht erspart, bis sie endlich, dank der Be mülmngen ihres hilfreiä-en Freundes Kaltenbach die einer jeden am besten zusagende Besänftigung fanden, die, wenn auch nicht sehr lohnend, sich zur Befriedigung ihrer beschei denen Ansprüä)e als hinreiä-end erwies. Sie ahnten frei lich nicht, daß sie sämtliche Lebensmittel, die sie täglich be nötigten, mit Preisen bezahlten, die meist kauni die Hälfte ihres wahren Wertes betrugen. Die gute Frau Müller, die eine wahrhaft mütterliä-e Fürsorge für die verwaisten Schwestern an den Tag legten, sorgte für alles! Durch ihre Hand gingen auch die von den Baronessen gefertigten Ar beiten entweder direkt au die Lieferanten, oder an ihren heimlich Verbündeten Justizrat Kaltcnbtich, der dann das weitere vermittelte. Zwei kleine Stuben im Erdgesckwß der Meierei be wohnte der alte Parkwächter Weller mit Tochter und Enke-