Volltext Seite (XML)
Der Sächfilche Lrzähter. gen schlechter Familienv«HLltnisse 189, wegen Krankheit 522, Leichtsinn 663, Strafe 124, Alter und Invalidität 71, weil ohne Eltern 8, weil e» ihnen in der bisherigen Stel lung nicht mehr patzte 168, aus der Lehre entlaufen 16, ver unglückt öl, Schulden 18, minderwertig und beschränkt 43, Todesfall in der Familie 47, weil bestohlen 74, durch Aus sperrung 86, weil den Dienst verlassen 211, wegen Fahnen« flucht 1, durch schlechte Erziehung 8, Unlust zum erlernten Berufe 16, durch Verführung der Trotzstadt 85, duxch Wan dersucht 275, durch Arbeitsscheu 37, durch Folgen von Ver leumdung 12, weil da- Elternhaus verlassen 88, weil trunk süchtig 242, weil Bankrott gemacht 60, durch schlechte Gesell schaft in Not geraten 110, durch Unzucht 97, weil nichts or dentliches gelernt usw. usw. 688 zogen eS vor, über die Ur sache ihrer Notlage keine Angaben zu machen. In beschränktem Rahmen bietet diese Aufstellung über 6600 junge inS Elend geratene junge Leute immerhin einen lehrreichen Einblick, der manchen Schlutz auf allgemeine Verhältnisse zuläht. »Wer weitz, die Zukunft liegt im Dunkel." »Sie wer-en doch bet Ihrer Schwester «in Heim hab«. »Ich zweifle nicht daran. Immerhin vergesse ich nie, daß ich kein Anrecht an dieses Heim habe, solange ich mir dasselbe nicht durch eigene Arbeit und treue Pflichterfüllung schaffe." „Nicht alle würden so denken, wie Sie. Die meisten würden sich damit begnügen, sich an dem gastlichen Herde zu wärmen — ohne etwas dazu zu tun, das Feuer zu erhalten." „Nein, nein, das wäre nichts für mich" Er freute sich ihrer frischen, festen Art. Wie ganz an ders war sie geartet, als ihre Schwester. Eine Weile schwiegen sie. Dann sagte er hastig: „Nun mutz ich wohl gehen? Ich störe Sie gewiß in Ihrer Arbeit." Sie schüttelte lächelnd und errötend den Kopf, obwohl ihre Arbeit unter seinen Augen nicht sonderlich gedieh. „Sie stören mich nicht." „Dann bleibe ich gern noch ein Weilchen. Ueberhaupt — eigentlich bedürfen Sie hier eines Schutzes. So allein dürsten Sie gar nicht im Walde weilen." „Oh — eS kommt fast nie ein Mensch vorüber." „Gerade darum — irgendein Strolch könnte Sie be lästigen. ES ist geradezu meine Pflicht, zu Ihrem Schutze Hier zu bleiben." Sie lachte. „Also — tun Sie Ihre Pflicht." Er rollte einen gefällten Baumstamm herbei und lietz sich darauf neben ihr nieder. „Wie hübsch Sie die Stimmung auf dem Bildchen ge troffen haben", plauderte er behaglich. „ES liegt so viel son niger Glanz auf diesem Stückchen gemalter Welt." »Ja? Ist eS gut?" fragte sie eifrig. „Oder wollen Sie mir ein Kompliment machen?" „Nein, Ihnen würde ich nie «nur ein Kompliment" machen. In Ihrem Wesen liegt so viel Wahrhaftigkeit und ehrliches Empfinden. Banale Schmeicheleien würden mir. Ihnen gegenüber, wie eine Beleidigung dünken. Ihren ehr lichen Angen gegenüber mutz man ehrlich sein. Da» Bild chen wird wirklich ganz reizend. Sie haben ein sehr hübsche» Talent. Dor allem — ich möchte sagen, «S liegt eine beseelte Wärme und frohe Lebensbejahung in der Auffassung dieses Bildes. Ein Stück Heimathoden grüßt mich.-graus." Sie blickte schnell und froh in sein Gesicht. „Das freut mich — wirklich, « freut mich sehr. Man hat so gar kein Urteil über sein eigenes Werk. Und ich Dienstag, 1M4. Ans Sachse« Dresden, 8. Januar. Die Rückkehr des Königs Friedrich August von seiner Reise nach Sigmaringen erfolgte am Sonntag nachmittag. Mit dem König traf seine Schwester Prinzessin Mathilde in Dresden ein. Auf der Rückreise hatte der König und Prinzessin Mathilde «inen kurzen Aufenthalt in München genommen. Bei der Ankunst und der Abreise in München hatten sich der sächsische Gesandte Frhr. v. Frie sen und Generalkonsul WilmerSdörffer eingefunden. Radeberg, 5. Januar. Die ^Stadtverordneten wählten an Stelle des Rechtsanwalts Eckenbrecht, der freiwillig sein Amt niedergelegt hatte, den LarLmesser Dietze zu ihrem Vorsitzenden. Fabrikbesitzer Paul Köckritz wurde zum ersten und Fleischerobermeister Krahl zum Stellvertreter gewählt. Großenhain, 8. Januar. Selbstmord. In Großdobritz schoß sich der 18jährige Sohn des Gutsbesitzers Oskar Grün del eine Kugel in den Kopf. Schwerverletzt wurde der junge Mann in das Krankenhaus gebracht. Dobeln, 8. Januar. Wahl des Stadtverordnetenvor stehers. In der ersten diesjährigen Stadtverordnetenfitzung wurde Rechtsanwalt Adler als Stadtverordnetenvorsteher wiedergewählt. Chemnitz, 8. Januar. TodeSstnrz von der Treppe. Der 82 Jahre alte, auf der Rochlitzer Straße wohnhafte Hand arbeiter August Fiedler, stürzte von der Treppe eines Wohnhauses herab und erlitt einen Schädelbruch, an dem er alsbald verstarb. Rosten, 6. Januar. Tödlich verunglückt ist im hiesigen städtischen Elektrizitätswerk das dreijährige Enkelkind deS städtischen Arbeiters Schäfer. Der Knabe, der seinem Groß vater das Abendesten gebracht hatte, ist in einem unbewach ten Augenblicke in das große Schwungrat glommen und dabei schrecklich verstümmelt worden. »tt zu Nummer Spielplan der Dresdener Theater Vom 6. bi» 12. Januar 1913. Königliches Opernhaus. Dienetag, den 8. Januar, Der Zigeunerbaron. Mittwoch, den 7. Fanaar, Dir Afrikanerin Donnerstag, den 8. Januar, Der fliegende Holländer Freitag, den 9. Januar, 4. Stnfonirkonzert Reihe Kirche, Schule «US ÄMsfiorr. Ur. V. Zur Misfionskollekte, die am Feste der Erschei nung Chrssti, Epiphanias, Dienstag, den 6. Januar, in allen evang. Kirchen unseres SachsenlandeS gesammelt wird, bringt die „Sächsische Evangelische Korrespondenz" eine An zahl von Aussprüchen großer Männer unserer Zeit über die Bedeutung der Mission, besonders für unser deutsches Vater land und unsere deutschen Kolonien, vor allem in Afrika. Wir heben daraus nur einige hervor: So sagt Dr. Sols, Staatssekretär des Deutschen Reichs-Kolonialamtes: »Mis sionieren bedeutet so viel als kolonisieren." Der General v. Francois, 1. Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika, sagt: „Ohne die Missionsarbeit der Missionare wäre die Be sitzergreifung des Landes Deutsch-Südwestafrika ein völlig illusorischer Akt auf dem Papier gewesen; was Händler,. Industrielle und Gelehrte zur sogenannten Erforschung und Kultivierung.getan haben, fällt gar nicht ins Gewicht neben den Positiven Ergebnissen der Mtssionsarbeit." Er fügt hin zu: .Menn diese wenigen Zeilen dazu beitragen können, der möchte doch, daß sich mein Schwager darüber freut. Kann ich mich doch nur auf diese bescheidene Weise für all seine rei chen Geschenke bedanken." „Also für Ihren Herrn Schwager ist dieses Bild be stimmt?" „Ja, zu seinem Geburtstag." „Ah, richtig. An diesem Tage findet ja eine große Feier in Wollin statt. Die offizielle Einladung habe ich schon er- halten." „Ja, Marianne hat es eingeführt, -aß an Kurts Ge burtstag immer die größte Festlichkeit in Wollin stattfindet. Er selbst hat sich erst dagegen gewehrt. Mariannes Ge burtstag erschien ihm natürlich viel wichtiger als der seine. Da dieser aber im Januar ist und Schwester und Schwager diesen Monat meist draußen in der großen West verbringen, in Paris, Berlin oder neuerdings in einem der fashionablen Winterkurorte, so hat er sich fügen müssen — wie immer, weM Marianne etwas will." Die letzten Worte begleitete sie mit einem schelmischen LäDln. » Dies Lächeln erschien ihm so reizend, daß er die Antwort vergaß. Und dann stieg ihm plötzlich -er Gedanke auf, ob Käthe wohl eine Ahnung hatte von seinen früheren Bezieh- ungen zu ihrer Schwester. Es berückte ihn, daß er in die sem Punkte nicht ehrlich zu ihr sein konnte. Aber wenn er auch sein Geheimnis hätte preisgeben dürfen — das Mari annes mußte gehütet werden. „Ich hoffe, das Fest wird recht hübsch," sagte Käthe nach einer Weile. „Sie haben eine sehr geschickt« Hand für fröhliche Ar rangements." Fröhlich lachte sie auf. - „Diese geschickte Hand würde kläglich Fiasko machen, wenn sie nicht sehr wirkungsvoll von meines SchwagerA zauberkrästigem Geldbeutel unterstützt würde." „Man kann aber gerade mit viel Geld sehr geschmacklose Festlichkeiten arrangieren. Gerade da gehört eine feinsin nige Leitung dazu, übrig«» traf ich heute morgen Botho Schlomitten. Er sprach auch von diesem Fest und freut sich sehndarauf." Mäthe lachte. „Ach — der freut sich überhaupt mit Inbrunst und Aus- dauer feines Lebens." Sonnabend, den io. Januar, Di« Stumme von Porttet. Sonntag, den 11. Januar, Der Freischütz. Montag, dm 12. Januar, Rtgolrtt». Königliches Schauspielhaus. Dirnetag, dm 6. Januar, Da» Sott», Kind, nach». 8 Uhr. Die armseligenBesendttider, 8 Uhr. Mittwoch, dm 7. Januar, Der lebende Leichnam. Donnerstag, dm 8. Januar, auf allerhöchsten Befehl, Pygmalion. Freitag, den 9. Januar, Kabale und Liebe Sonnabmd, dm 10. Januar. Der übende Leichnam. Sonntag, dm 11. Januar, Da, Gotte, Kind, nach«. S Uhr. Robert und Bettram, 7»/, Uhr. Montag, dm 12. Januar, Iphigenie auf Tauri,. Albert-Tbmter. Dienstag, den s. Januar, zu ermaß. Preisen, Böser Bubm Besse- rukg, nachm. S'/, Uhr. Die fünf Frankfurter. Mittwoch, den 7. Januar, Akrobaten Donnerstag, den 8. Januar, Der Geizige. Der Arzt seiner Ehre. Freitag, dm 9. Januar, Frau Warrens Gewerbe. Sonnabmd, dm 10. Januar, zu ermäß Dreisen, Bister Bubm Besserung, nachm. 8'/,llhr. (Für die Dienstags-Abonnen ten) Die letzten Dinge, 8 Uhr. Sonntag, dm 11. Januar, Die Fünf Frankfurter. Montag, den 12. Januar, Der Verschwender. Refidenztheater. Dienstag, de^S. Januar, Rübezahl, nachm 3'/, Uhr. Wie «inst Mittwoch, den 7. Januar, Rübezahl, nachm. 3'/, Uhr. Wie einst im Mai, 8 Uhr. Donnerstag, dm 8. Januar, Wie einst im Mai. Freitag, dm 9. Januar, Wir einst im Mai. Sonnabend, dm 10 Januar, Rübezahl, nachm. 8'/, Uhr. Wie «tast im Mai, 8 Uhr. Sonntag, dm 11. Januar, Rübezahl, nach«. 8'/, Uhr. Wie «inst im Mat, 8 Uhr. Montag, dm 12. Januar, Wie einst im Mai. Zentraltheater. Dienstag, dm 8. Januar, Jung Habenichts, nachm. 4'/, Uhr. Die Kino-Königin, 8 Uhr. Mittwoch, dm 7. Januar, Jung Habenichts, nach. 3'/, Uhr. Die Kino-Königin, 8 Uhr. Donnerstag, dm 8. Januar, Dir Kino-Königin. Freitag, dm 9. Jonuar, Dir Kino-Königin. Sonnabmb, dm 10. Januar, Jung Habenichts, nachm. 3'/, Uhr. Die Ktno-Ksnigin, 8 Uhr. Sonntag, dm 11 Januar, Jung Habenichts, nachm. 3'/, Uhr. Die «ino-KSnigin, 8 Uhr. Montag, dm 12. Januar, Die Kino-Königin. ! >' »le abaersistsl«. Dort Überm Holzplatz, am alten »all. Hin schleicht Ä» auf'lchs« ^hlL Dann zuckt ein »sitz burch bl« Nacht —ein Knall .... Der Schuß war bestellt, na, da» wissen wir all'. Und zweiten» kam er auf jeden Fall Ans einer Kinderpistole. I Jüngst hat un» Knallen am Balkan erschreckt — I Daß dieser und jener ihn hole! , Der Krieg habe Tausende niedergestreckt, Go hieß es. Doch sagt' unser Intellekt: Es knallt« dort nur ein paar Pull« Sekt, s Vielleicht eine Kiaderpistole. Noch immer wiegt Michel das Schwert in der Hand. O würd' zu de» Vaterlands Wohle Doch endlich die friedliche Lage erkannt! Kern Feind bedroht unser deutsches Land, ' ' Krau Suttner hat recht: der Dreiverband Trägt nur eine Kinderpistol«. Manch' dreiste Räuberpistole bewährt Sich nur in Berlin und Saverne. Und wenn man den Blitz, der die Nacht durchfährt, DaS Wetter, da» ruhelos grollt und gärt, Al» Werk einer Kinderpistole erklärt — Die Kinder, sie hören eS gerne. F-reidank in der »Deutsch« Tageszeitung". UrtettSloseir-Vleittz i> sie» GrotzftSdte». Angesichts der Mässen Beschäftigungsloser, die Berlin. und andere Großstädte jetzt füllen, weil die Gelegenheit zu großstädtisch-industrieller Arbeit gegenwärtig zurückgegan- gen ist, interessiert es, die Antwort« zu erfahr«, die dem Verein »Dienst an Arbeitslos«" gegeben Word« sind, auf dis Frage: »Warum sind Sie nach Berlin ge- kom m e n?" lieber 6H Tausend jener arbeit- und obdachlos« Rak- »nd Hilfesuchend« haben nach dem Berichte von Direktor a. D- Constantin Liebich darauf geantwortet. Danach ka men die meist«, nämlich 4936, um in Berlin Arbeit zu fin den. Die anderen 1^ Tausend gaben u. a. folgende Gründe an: ausbildungshalb« 75, geschäftshalberöö, um den Beruf zu äw>e^n 75, aus der Durchreise 221, weil die Elte« nach Berlin zogen46, weil heimotlo» 9, aus Heimweh 17, wegen Heirat 6, wegen Krankheit 47, weil der Lehrmeister nach Berlin verzog« 4, aus Leichtsinn (eigene Angabe!) 119, we gen Militärangelegmheiten 16, »wegen der Papiere" 40, zur^Gtrafverbüßung 15, weg« Todesfall 7, durch Verfüh- ruM 28, auS Wanderlust 149, durch Verwandtschaft veran- sirßt 114, wegen ungünstiger Familienverhältnisse 15; daß sie »immer in Berlin gewesen" sei«, gab« 448 an; ver schiedene un- unbekannte andere Gründe 225. Alle diese jung« Leute sind hier in Not und Elend ge raten. Man hat sie nun nach der Ursache ihrer Not gefragt und hat ihre Angaben, die natürlich mit entsprechender Vorsicht aufzunchmen sind, zusammmgestellt. Arbeitslosig- . keft. gab« von den über.SA Tausend noch nicht die Hälfte als Grund der Not an, nämlich 2653. Im übrigen kommen sitzende Gründe vor: durch schlechte Bücher verleitet 12, ws- Der Verflossene Reßdorf. / Roman von H. Tourths-Mahler. (16. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Vr blickte gerührt auf sie niüwr. „Deshalb tun Sie eS gewiß nicht. Aber selbst, wenn es sp wäre, ich glaube nicht, daß Ihr Herr Schwager Sie das fühl« last« würde." Mit einem großen, offenen Blick sich sie zu ihm auf. „Nein, das würde er nicht — er ist so sehr gut. Aber ich sechst würde es fühl«, und -aS würde mich demütigen." ^So stolz", sagte er leise. Sie ließ die Hände ruhen und blickte über d« Teich. Er konnte den Blick nicht von ihr lassen. Eine unendliche Süße lag Über ihrer Erscheinung. Jetzt, -a die schöne Schwe- ster ihre Reize nicht verdunkelte, kam ihre liebliche Schön- , Fett «st recht zur Geltung. ' Eine Weile schwieg sie sinnend. Dann richtete sie sich) empor, und sagte mit einem tief« Aufatmen: , „Ja — ich bin stolz — eS ist der Stolz der Armut,. 'Herr von Reßdorf. Der steift d« Nacken und weckt eine Arr Trotz. Man ist immer kampfbereit, weil man weiß, daß das Leb« jeden Augenblick Schwere» bringen kann. Und wenn mau sich da niederdrück« läßt, ist man verlor«." Seine Augen weitet« sich. Sprach dieses Mädchen nicht das au», was «so ost selbst empfunden hatte? sillS müsse « ihre Rede fortsetz«, sagte er erregt: „Ja — da beißt man die Zähne zusammen und wirst den Kopf iu den Nack«. Durchkämpfen — oder unterlie gen! Oh — auch ich kenne dies« trotzig« Stolz der Arrmtt — er hat mir manche» Mal den Nack« gesteift." Sie sah ihn mit einem feuchtschimmernden Blick an. ' Ihr LoS war schlimmer, als d<S meine. — Sie mußten die Heimat verlassen." Gr reckte sich in den Schultern. ^Das war das Schwerste noch nicht — ich habe der Ar mut mehr opfern müssen. Ab« nicht von mir wollen wir sprech«. Me selbst werd« hoffentlich nie von Ihrem trotzt-