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Pflege des Grabes 56. Der Friedhof, os. keřchow, pohrjebnišćo, n., ns. kerchob (auch Mus- kauer Dialekt), kjarchob aus d. Kirchhof, liegt, wie der letztgenannte Name sagt, gewohnlich in der Nahe der Kirche, allerdings sind in neuerer Zeit wegen Platzmangel yielfach Verlegungen vorgekommen. Die Graber werden iiberall mit groBer Sorgfalt gepflegt. Dem Wald- und Holzreichtum der Lausitz entsprechend sind die alten Grabkreuze, os. křiž, ns. kśica (letzteres nach Berneker EWb. 619 aus *kśišca, *križbća; Lehnwort aus lat. crucem, wahrscheinlich iiber venez. trident. *kruz), meist aus Holz, selten aus Stein oder Eisen. In der Oberlausitz iiberwiegen etwa 1 T / 2 m hohe Kreuze mit Holzplatten von herzformiger, runder oder quadratischer Form fiir die Inschrift und den Grabspruch. Sehr beliebt ist das Weinrankenmotiv. Sehr haufig findet man an dem unterenTeil des Kreuzes folgendes Ornament: b Ich sehe darin eine stilisierte Darstellung zweier Pflanzen, die sich mit- einander verschlingen. Auf diesen Gedanken bringt mich das in sorbischen Volksliedern haufige Motiv von aufs Grab zweier Liebenden gepflanzten Reben oder Baumchen, die sich dann Yerflechten 1 . In der Niederlausitz sind die Holzkreuze niedriger und tragen zwei Schutz- leisten nach Art der russischen Grabkreuze. Gute Skizzen von Grabkreuzen bringt Tetzner 2 . Die Freude an trdstenden Grabspriichen ist in der Ober- lausitz grofler als im Norden. Die Mehrzahl davon ist deutsch, die andern sind zum Teil sorbisch, zum Teil gemischtsprachig. Oft sind die Lebensdaten deutsch, aber der Grabspruch sorbisch und um- gekehrt. Da meines Wissens noch keine sorbischen Grabspruche veroffentlicht worden sind (Tetzner bringt blofl deutsche), gebe ich hier einige Proben: 1. So wočinjeja rjane, mi Bože njebjesa, Hdźež njejsu styski žane, hdźež widźu Jĕzusa. Es dffnet sich mir Gottes schoner Himmel, Wo es keine Bangigkeit gibt, wo ich Jesum sehe. Crostwitz (Crosćicy), haufig. 2. St6ž wĕri, prosy, wojuje, Ton z Jĕzusom tež dobudźe, W6n wšitko derje dokonja, A wĕčnu kronu za mzdu ma. Wer glaubt, fleht und kampft, Der wird auch mit Jesus siegen, Er fiihrt alles gut zu Ende Und hat die ewige Krone als Lohn. Crostwitz (Crosćicy), haufig. 1 Schmaler, Volksl. I, 50; ib. II, 48; vgl. auch Liebusch, Sagen und Bilder aus Muskau und demParke, Muskau 1860, S. 54 ff. — 2 Die Slawen in Deutschland, S. 327.