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= Ralbicy, Dreikretscham = Haslow, Crostwitz, Zieschutz = Ćčškecy, Bautzen usw.) sind keine bloBen Erinnerungszeichen an eine Mordtat, sondern sie sind auf Kosten des Mdrders iiber gerichtliche Anordnung aufgestellt worden, um dem ohne die Trostungen der Kirche plotzlich aus dem Leben Geschiedenen die Seelenruhe zu gewahrleisten. Damit die Voriibergehenden fiir das Seelen- heil des Ermordeten ein Gebet verrichten, stehen sie meist an Wegen und Wegkreuzungen. Oft ist dieWaffe eingemeifielt, welche die Todesart andeuten soll. Das schone Siihnekreuz von Dreikretscham, das W. Frenzel beschrieben hat 1 , zeigt ein 85 cm langes Schwert. Bemerkenswert sind die auf dem Scheitel dieses Kreuzes sichtbaren napfchenformigen Vertiefungen, die nach Frenzel davon herruhren, daB die Voriibergehenden kleine Steine auf das Kreuz legten und am Ruckweg wieder wegnahmen. Diese Deutung hat viel fiir sich, denn nach Sieber 2 befindet sich bei Platz im bohmischen Erzgebirge ein Denkstein an einer Stelle, wo sich vor mehr als 150Jahren zwei Handwerksburschen gegen- seitig erstochen haben. „Wenn nun Leute aus dem Gebirge an diesem Stein voriibergehen, so legen sie ein Steinchen, das sie vom Wege aufgehoben, auf den Denkstein, nehmen es auf dem Ruckwege wieder weg und werfen es auf den Weg. Durch das Hineinlegen und Wegnehmen der Steinchen ist im Denkstein schon eine ziemliche Aushohlung entstanden." Der primitive Glaube, dafi der Tote, dessen Leichnam nicht zerfallt oder dem eine Schleife iiber den Mund hangt, als Vampir die Lebenden besucht und schadigt, wirkt bei den Sorben bis heute nach 3 . DaB dieser Aberglaube auf alter Tradition beruht, zeigen uns altsorbische Skelette aus Goda (Hodźij), welche durch die Mundhohle und in die Brust gesteckte Messer, Nagel und Eisenteile aufweisen 4 . Der Glaube an den Vampir und Mafinahmen zu seiner Vernichtung (Verbrennen, Pfahlen, Kopfabschneiden, Binden, Durchschneiden der Fufi- und Kniesehnen) sind heute noch bei vielen slawischen Vdlkern un- gemein lebendig, besonders bei den Orthodoxen 5 . In Mazedonien hat die Furcht, der Leichnam konnte nicht verwest und die Seele infolgedessen noch gebunden sein, zu der Sitte des zweiten Begrabnisses gefiihrt, raskupuvajne po adetu 6 . Das Grab wird nach drei Jahren gedffnet und die gefundenen Reste werden aufs neue in feierlicher Weise beigesetzt. In Prilep hat man ein Grab viermal offnen miissen, erst dann war der Leichnam zerfallen. Aus diesem Glauben erklart sich die Verwendung des /.ifioc oapKOcpdyog (eigent- lich „Fleisch essender Stein“), lat. sarcofagus, ahd. sarch, Sarg. Schrecklich ist der serbische Fluch: „Da te zemlja ne izjede!“, die Erde soll dich nicht aufessen! 1 Sonderdruck des Bautzener Tageblatts Nr. 3, Bautzen 1930, zwei Skizzen. — 2 Op. cit. 39. — 3 Cerny, M..B. 428 ff.; Veckenstedt 354. — 4 Frenzel, Bilderhandbuch zur Vorgeschichte der Oberlausitz, Bautzen 1929, Abb. S. 141. — 5 Niederle, ŽSS. II, 1, S. 37, wo Lit.; Machal Nakres 182 ff.; Wollman, F., Vampyrickĕ povĕsti v oblasti středoevropskĕ, im Narodopisny vĕstnik českoslovansky XV ff. — Briickner, Mito- logja polska, Warschau 1924, S. 82 ff.; Fischer 355 ff. — 6 Srpski Etnogr. Zbornik 40, S. 261; Negelein in der Zeitschrift des Vereins fiir Volkskunde Berlin XIV, 20; Abbot, Macedonian Folklore, S. 192 ff.