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kinds Kranze schickten, welche nach der Bestattung in der Kirche aufgehangt wurden. Starb ein Schulkind, so steckten die Mitschiiler kleine Kreuzlein auf das Grab. — Die zuletzt genannte Sitte besteht noch bei den katholischen Sorben 1 . Seb. Franck (Weltbuch 134) kennt die Sitte aus Franken: »Die schuler stecken vil kreiitzlin auff eins schiilers grab.« Die Trauer 52. Die Trauer heifit os. žarowanje, ns. žalowanje (žarowanje zu žar, dieses aus *ger, Ablaut *gor: brennen, idg. *g u her: ai. ghrnoti, leuchtet, gliiht; mit Formans — mo: 1. formus, warm, got. warmjan, warmen 2 ; žalowanje zum Stamm žal, Trauer, in allen Slawinen). Briickner 3 kniipft an diesen Wechsel žar-, žal- im Sorbischen die Vermutung, daB das Wort fiir Trauern mit der ehemaligen Leichenverbrennung zusammenhange. Eine Besonderheit der sorbischen Trauertracht ist das Hervortreten der weiBen Farbe, der altslawischen Trauerfarbe. Wahrend bei den alten Agyptern, Juden, Arabern, Griechen usw. die schwarze Trauerfarbe herrschte, die sich von Siideuropa aus ausbreitete — nach Deutschland drang sie erst im 14. bis 15. Jahrhundert ein — finden wir bei den alten Slawen und Ger- manen WeiB als Trauerfarbe. Bei vielen deutschen 4 und slawischen Stam- men s haben sich Reste dieser alten weiBen Trauertracht erhalten, in voller Frische tritt sie uns heute nur noch bei den Sorben entgegen. Leske 6 bringt das alteste Bild einer sorbischen Trauertracht vom 12. Juni 1782 aus der Gegend von Muskau, das eine Frau in langem, weiBem Trauertuch dar- stellt, und sagt diesbeziiglich: „Nichts ist einfacher und auch wohl nichts der Natur der Sache gemaBer als dieTrauer der Wendinnen. Sie hullen sich ganz und gar in ein weifies, leinenes Tuch, oft verhiillen sie das ganze Gesicht, dafi man nichts als Augen und Nase gewahr wird; der iibrige Anzug bleibt unter diesem Tuche der gewdhnliche." Hortzschansky 7 berichtet 1782, „daB die wendischen Frauen wahrend der Trauer alles schwarz tragen aufier der Wasche. In der Kirche aber erscheinen sie in einem langen weifien Trauertuch, welches tief iiber das Gesicht hinabreicht und weil sie auch iiber den Mund einen weifien Schleier schlagen, so ist beinahe das ganze Gesicht bedeckt“. DaB das lange weiBe Trauertuch noch vor 90 Jahren allgemein iiblich war, ersehen wir aus der Beschreibung Schmalers (1843) 8 : „Eine bei den Nach- barvdlkern durchaus ungewohnliche Trauertracht haben die Frauen. Das vor- ziiglichste Stiick derselben ist ein langer weiBer Uberwurf von feiner Lein- wand oder Haman, in den sie vom Kopf bis zu den Fiifien gehiillt sind. Er besteht in der Oberlausitz aus einem Stiicke, vgl. Taf. IV, Fig. 6, heifit 1 Dariiber G. Melzer in den Heimatklangen des Bautzener Tageblatts 1926, Nr. 2 — 2 Berneker, EWb. I, 233. — 3 Sł. E. 661. — 4 Sarton, SB. I, 156. — 5 Fischer 307 ff. — 8 Reise durch Sachsen, Leipzig 1785, S. 183. — 7 Op. cit. 252. — 8 Yolksl. II, 252.