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oder nur fiir einige Zeit auf dem Grab oder am Rande des Dorfes, die Bahre senkten sie zu FiiBen des Toten in den Grabhiigel oder lieBen sie auf dem Grabe liegen 1 . — Die Kleider des Toten miissen durch vier Wochen hin- durch liegenbleiben, sonst stort man die Seelenruhe des Toten (I. Slodnik in Kat. Posol 1934, S. 21). Den Flurnamen Robliki bei Schleife (Slepo) deutet das Volk als Ort, wo die Bewohner des Ortes Zerre die Leitern (sorb. rčbjel, m.) der Totenwagen abzuwerfen pflegten 2 . Geisterangst entspringt auch der altsorbische Brauch, mdglichst rasch heimzugehen (wie bei Taufe und Hochzeit) und vor dem Eingang ins Haus etwas hinzulegen oder hinzuhangen (Gebetbuch, Hut, Tuch oder dgl.), um an- geblich den Tod loszuwerden und nicht mitzuziehen 3 . Auch Samuel GroBer berichtet in seinen Lausitzischen Merkwiirdigkeiten (II 9), daB die alten Sor- ben nach der Heimkehr von einem Begrłibnis Holz, Steine, Laub, Gras und was ihnen sonst in die Hande kam, iiber den Kopf warfen, ohne sich um- zusehen. 50. Nach alter Sitte findet der Leichenschmaus, zakopowanje (Burg), im Trauerhause statt 4 , heute aber meistens im Gasthaus, oder er wird durch eine Bewirtung der Verwandten und Trager vor dem Begrabnis ersetzt. In Burg afi man beim Totenschmaus die rituelle žolta zupa, gelbe Suppe (Bier- suppe aus Bier, Mehl, Sirup usw.). In der ganzen Lausitz begegnet fiir Leichenschmaus auch der Ausdruck (mit humoristischem Beigeschmack) kožu přepić, das Fell vertrinken. Fiir diesen Ausdruck, den bisher kein sorbisches Wdrterbuch verzeichnet hat, finde ich im slawischen Volksleben keine Parallele, wohl aber im deutschen. Nach Andree 5 heiBt der Leichen- schmaus im Braunschweigischen dat fell versupen, kommt unter diesem und ahnlichen Namen wie die Haut, den Bast versaufen, in Thiiringen, Schleswig- Holstein, Westfalen, Lippe, Berlin, Nassau usw. vor und ist schon aus dem 17. Jahrhundert aus Mecklenburg bezeugt. Andree macht darauf aufmerk- sam, daB es in braunschweigischen Dorfern Sitte war, den abgeschlachteten Gemeindestier gemeinsam zu verzehren und den Erlos aus dem Felle gemeinschaftlich zu vertrinken. Von einer Lustration der Trauergaste nach der Heimkehr ist in der Literatur nichts bekannt, nach meinen Erhebungen aber besteht sie noch in einigen abgelegenen Ddrfern der Heide. In Schdpsdorf z. B. mttssen sich alle Gaste vor dem Leichenschmaus, der hier im Trauerhause stattfindet, die Hande waschen. Dann knien alle neben den umgestiirzten Bocken nieder, auf denen der Sarg gestanden war, und beten. Wer hierbei zuerst nieder- kniet, wird zuerst sterben 6 . 1 Zelenin, R. V. 326. — 2 Schulenburg, W. V. 5. — 3 Handrik im CMS. 54, S. 116: Schleife (Slepo). — ’ Schmaler, Volksl. II, 252. ■— 5 Braunschweigische Volkskunde 320, wo Literatur. — 6 Miindl Mitteilung des Kirchendieners Funke aus Schopsdorf.