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vergessen werde. Der Brauch bildet einen Bestandteil des katholischen Be- grabnisrituals, aber er begegnet auch auBerhalb der kath. Kirche in ganz Europa 1 . DaB der urspriingliche Zweck der Sitte war, den Toten im Grabe festzuhalten, geht aus vielen volkstumlichen Anschauungen hervor: So heiBt es in Mahren und auch in Krain, daB das Nachwerfen der Erde gut sei gegen Vampire; die Kleinrussen um Horodenka nennen dieses Werfen uńdktonne, Abwendung, dOTorp6nt<<>v 2 . Die Serben um Boljevac werfen auBer der Erde ein Gefafi mit koljiuo (Totenspeise, bestehend aus in Honig gekochtem Weizen) ins Grab, und zwar so heftig, daB das Gefafi zerbricht 3 . DaB auch die Trager der Lausitzer Kultur TongefaBe ins offene Grab warfen, so daB sie zerschellten, zeigen uns Bodenfunde, z. B. Grablagen von Klix (Klukš) 4 * . Wer von den jungen Tragern als letzter einen Kranz oder BlumenstrauB ins Grab wirft, wird zuerst sterben (I. Slodnik in Kat. Posol 1934, S. 21). In der Niederlausitz besteht die Sitte, daB die Anverwandten vor dem Ver- lassen des Friedhofs das Grab von links nach rechts umkreisen 6 . Diese Um- wandlung von links nach rechts ist uns als gliickbringend in den sorbischen Tauf- und Hochzeitsbrauchen begegnet. Offenbar soll um das Grab ein magi- scher Kreis beschrieben werden, der den Toten vor schadlichen Einfliissen von aufien schiitzen und ihn im Grabe festhalten soll. Wo es noch Sitte ist, den Toten auf dem einfachen Bauernwagen zumFriedhof zu fahren, werden die dem Sarg unterlegten Strohbiindel auf dem Friedhof (fiir den Kiister) abgeworfen, die Wagenleitern oder Bretter an der Dorfgrenze zuriickgelassen, bis sie verfaulen. Deutung: Stroh und Bretter sind durch die Beriihrung mit dem Sarg verun- reinigt und diirfen nicht mehr nach Hause genommen werden. Deshalb wird auch der Wagen nach der Heimkehr umgekehrt und bleibt einige Zeit dem pro- fanen Gebrauche entzogen. — In Dubrau (Dubrawa) verfertigte man friiher fiir jedes Begrabnis eine neue Bahre und warf sie nach dem Gebrauch an die Dorf- grenze. In der Heide zwischen Dubrau und Priebus (Přibuz) lag ein grofier Haufen solcher Bahren 0 . Auch in der einst sorbischen Gegend von Liibben wurden bei der Riickfahrt vom Friedhof, wenn er in einem anderen Dorfe lag, dieWagenleitern, haufiger dieRungschemel mit den Strohwischen an denGrenz- hiigeln abgeworfen, so dafi ganze Haufen davon verfaulten. Diese Hiigel nannte man Totenbetten (Sglietz = Zglic) 7 . Parallelen zum Abwerfen des S trohs auf dem Riickweg bei Sartori 8 . Ahnliche Vorstellungen und Briiuche be- gegnen auch bei den Siidslawen: In Ivanić Grad (Slawonien) lassen sieWagen und Pferde einige Tage auBerhalb des Dorfes, in der Skopska Crna Gora lassen sie die Stiele der Werkzeuge, mit denen sie das Grab gegraben haben, auf dem Friedhof liegen. Uberall in Serbien wird die Bahre zerbrochen und neben dem Grabe liegen gelassen, ebenso die Wiege, wenn mehrere Kinder nacheinander gestorben sind 8 . Die Russen lieBen den Schlitten fiir immer 1 Sartori, SB. I, 150. — * Fischer 341 ff. — ’ Schneeweis, GrundriB 133. — ‘ W. Frenzel, Bilderhandbuch der Vorgeschichte der Oberlausitz, Bautzen 1929, S. 75. — 6 Muller 152. — 6 J. Gćlč in der Łužica VII (1888), 70. — 7 F. Weineck in den Niederl. Mitt. II (1891), 148. — 8 SB. I, 154. — ’ Schneeweis, GrundriB 134.