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Fiir die Sitte, den Abschied des Toten den Haustieren, den Bienen, ja Obstbaumen und Blumen anzusagen, lassen sich von England bis Sibirien zahlreiche Analogien beibringen 1 . 48. Fiir den Leichenzug, ćčlny oder šarowansky ćah, gelten gewisse Vorschriften, die ebenfalls in der Geisterangst wurzeln: man darf sich nicht umsehen (ahnlich wie beim Taufgang), sonst konnte die Seele des sich Um- schauenden in den Tod nachgezogen werden. Die Leidtragenden miissen mdg- lichst geschlossen gehen, sonst stirbt bald einer nach 2 . Vielleicht soll auch das in manchen Gegenden sogar beim Trauergottesdienst in der Kirche’ iibliche Aufbehalten der Kopfbedeckung verhindern, daB die Seele des Toten unter dem Hute einen Unterschlupf findet. Oder wurzelt sie in dem alten weitverbreiteten Gebot, bei Trauer das Haupt zu verhiillen? 4 Vielfach ist es heute noch Brauch, besonders in den Heideddrfern, dafi der Leichenzug an der Grenze des Dorfes Halt macht und alle auf die Knie fallen und beten. In den Dbrfern um Schleife halt einer im Namen des Verstorbenen eine Dank- rede. Er heifit wotprosywař*. Nach Sartori 6 soll dieses Haltmachen die Seele verhindern zuriickzukehren. Dafi auch das Lauten der Glocken wiihrend der Uberfiihrung urspriinglich der Geisterabwehr dient, zeigt uns die in der Oberpfalz dafiir iibliche Benennung: Schrecklauten. Nach dem Volksglauben der Siebenbiirger Sachsen wird eine Gemeinde mit Hagel heimgesucht, wenn man nicht so lange lautet, als der Durchzug eines Leichenzuges iiber die Feld- mark des betreffenden Ortes dauert’. 49. Wo es Sitte ist, den Trauergottesdienst vor der Beisetzung abzuhalten, wird der Sarg mittelst der Bahre, mary, pl. f. (auch č., p.; aus d. Bahre, nach Briickner, Slownik Etym. 324, b wegen Anlehnung an mor durch m ersetzt), in die Kirche getragen. Gewbhnlich begibt sich der Zug direkt zum Grabe. Der Geistliche halt eine Leichenrede, in der er den Lebenslauf des Verstorbe- nen schildert, in dessen Namen fiir alle erwiesenen Wohltaten dankt (oft mit Namennennung) und allen zum Abschied dobra noc, gute Nacht, wunscht. Das Grab, row (zu ryć, graben, altbg. ryti, ryjg, urverwandt mit lat. ruo, wiihlen, scharren, lit. rduti, ausreifien), grob [Radusch], (ursl. grob'B, urver- wandt mit d. Grab'), gewbhnlich drei Ellen tief, wird vom Totengraber, os. ns. rowař, os. rowryjeř, os. totka (aus d. Totengraber) vorbereitet. Zur Zeit Schmalers besorgten das Ausheben des Grabes zwei Dorfgenossen des Ver- storbenen (bei Kindern einer), die an der Reihe waren 8 . Ist der Sarg in das Grab hinabgelassen, so wirft jeder Angehorige eine oder drei Handvoll Erde nach, in der Meinung, dafi er dann denToten leichter 1 Fischer 273—279. —■ 2 Deutsche Parallelen bei Sartori, SB. I, 147. Im friiheren Schlesien muBten die Trauernden das Grab dicht umstellen und durften keine Liicken lassen. — 3 Imiš im ČMS. 9 (1856), 40: Osling (Wosling); Rentsch in Wuttsek Sachs. Volkskunde, 347. — 4 Zahlreiche Beispiele dafiir bei Sartori, SB. I, 148. —■ 5 ČMS. 54, S. 115. — 8 SB. I, 148, wo Parallelen. — 7 Sartori, SB. I, 149. — 6 Schmaler, Yolksl. II, 252.