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Ist der Friedhof nahe, dann tragen den Sarg sechs Trager, ćelonošerjo, bis dorthin, sonst wird er hingefahren. Im Spreewald, besonders in Leipe und Lehde — beide Dorfer sind heute schon deutsch — fiihrt der Leichenzug auf Kahnen. Der Sarg wird mit dem Fufiende voran hinausgetragen, damit der Tote angeblich niemanden nachziehe, bei jeder Schwelle wird der Sarg dreimal in Kreuzform gesenkt, „damit der Verstorbene zum letzten Male in seinem Hause ausruhe“. Diese Deutung ist sekundar, der urspriingliche Zweck dieses in ganz Europa nachweisbaren Brauches ist, die Seele des Verstorbenen an der Riickkehr zu hindern 1 . Die Haus- und Stalltiiren soll man dffnen 2 , offenbar, um die Seele nicht zuriickzuhalten. Wahrend die Leiche aus dem Hause getragen wird, stiirzt jemand (gewohnlich die Leichenwascherin) die Schemel um, auf denen der Sarg gestanden hat. Dafl man dadurch die Seele aus dem Hause scheuchen will, zeigen uns serbische Analogien 3 . Hinter dem Sarge soll man die Tiir schlieflen, sonst stirbt bald jemand im Hause 4 . In Wirklichkeit soll dadurch die Seele an der Riickkehr ins Haus gehindert werden 6 . Wir haben oben erklart, warum bei einem Todesfall im Hause Men- schen und Tiere geweckt werden miissen. Auch das Hinaustragen des Toten wird den Tieren mitgeteilt, besonders wenn der Hausvater gestorben ist. Man reicht ihnen Futter und jagt alle auf. In Schleife (Slepo) z. B. sagt man, wenn der Besitzer ohne Testament gestorben ist, zu den Haustieren: „Waš gospodař wot was prec dźo; wy nenter jogo synoji slušajćo", „Euer Wirt verlaflt euch, jetzt miisset ihr seinem Sohne gehorchen". Dasselbe sagt man bei jedem Bienenstock, nachdem man die Bienen durch dreimaliges Klopfen geweckt hat, sonst gehen sie zugrunde. In der Regel aber verkauft dort der Vater auf dem Totenbett die Bienen fiir einen kleinen Betrag sei- nem Sohne. In diesem Falle kann das Ansagen des Todes und des Abschieds unterbleiben, die Bienen bleiben doch am Leben 6 . Diese Art des Schein- kaufes mutet sehr altertiimlich an, er stiitzt die Auffassung der Totenmiinze als einer Abldsung der zuriickgelassenen Habe. In Schopsdorf (Sepčecy) gibt eine Frau dem Vieh zu fressen und ruft hier- bei: „To je to poslednje, štož wam hospodař dźeli, hdyž wotjĕdźe", Das ist das Letzte, was euch euer Wirt bei seiner Abreise zuteilt 7 . In Wuischke (Wuježk) bei Hochkirch (Bukecy) erzahlt man sich, dafl man nach der Riick- kehr von einem Begrabnis die Schwalben im Stalle tot fand, da man vergessen hatte, ihnen den Abschied des Hauswirts mitzuteilen 8 . * Fischer 259—270. — 2 CMS. 54, S. 115: Schleife (Slepo). —* Schneeweis, Grund- riB 130: Damit die Seele nicht im Hause bleibt, dffnen sie bei der Hebung der Leiche Fenster und Tiiren, sturzen Banke, Schemel und GefaBe um und kehren mit dem Besen gegen die Tiir zu. — • Veckenstedt 451. — 5 Paraliclen bei Samter, GHT. 28; Fischer 270. — “ M. Handrik im CMS. 54 (1901), 115. — 7 Kirchendiener Funke in Konigswartha (Rakecy), miindlich. — ’ Hochzeitsbitter Mietrach, miindlich.