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zu begraben. Es hieB kitel (aus d. Kittel) und muBte ohne Unterbrechung genaht werden, sonst hatte der Tote keine Ruhe. In der Niederlausitz hiefi es auch zgło, zgelko. Das Wort ist verwandt mit p. gzło, Hemd, Totenhemd, altp. kzło (14. Jahrh.), zgło (16. Jahrh.). Das Wort ist dunkel, der AnschluB an p. czechło, Frauenhemd, Sterbehemd, macht Schwierigkeiten 1 . Uber die Totentracht ledig Gestorbener siehe unten unter Totenhochzeit. Der Sarg, kašć, war friiher sehr einfach, er bestand blofi aus unbehobelten Brettern, der Deckel war flach 2 . Die gelaufigsten Beigaben sind heute: Blumen, ein Kirchenliederbuch, ein Kreuzlein, ein Rosenkranz und Heiligenbilder (bei Katholiken), die Arz- neiflaschen, oft auch die Waschsachen, Rasiermesser, Brille, Tabakpfeife samt Dose u. a. Yereinzelt werden auch Miinzen beigelegt (Wuischke bei Hoch- kirch). Trinkern gibt man (wie bei den Kaschuben und Russen) eine Brannt- weinflasche mit, damit sie im Grabe Ruhe finden, Kindern Apfel oder Eier zum Spielen. Die Sitte, dem Toten Gebrauchsgegenstande und Speisen fiir die Reise ins Jenseits mitzugeben, findet sich bei allen V61kern und zu allen Zeiten. Die christliche Kirche hat die fest eingewurzelte Sitte nicht abschaffen, sondern nur umformen konnen, an Stelle der Waffen und Speisen der heidnischen Zeit hat sie Blumen, Liederbiicher, Heiligenbilder usw. gesetzt, doch schim- mern die heidnischen Ideen bei vielen Beigaben noch durch. Das gilt vor allem von dem Mitgeben einer Miinze 3 . Wahrend man sie friiher als Reise- geld auffaBte — schon die alten Griechen verstanden die urspriingliche Be- deutung nicht mehr und faBten die Miinze als Lohn fiir den Totenfahrmann Charon auf — sieht die neuere volkskundliche Forschung darin einen Ersatz fiir die vom Toten zuriickgelassene Habe. Bei den Sorben war die Sitte der Totenmiinze sehr verbreitet 4 * , heute ist sie fast ausgestorben, doch wirkt sie noch in gewissen magischen Brauchen nach. So heifit es in der Niederlausitz 6 , man soll dem Toten ein Stiick Geld unter die Zunge legen und eine Weile liegen lassen, es dann wieder heraus- nehmen und einem Trinker in das Schnapsglas tun, damit er das Trinken lafit. — In ahnlicher Weise schreiben die Siidslawen einer nach Jahren aus- gegrabenen Totenmiinze magische Krafte zu: sie hat vor allem Abwehrkraft, Kindern hangt man sie deshalb gerne als Amulett um’. Wenn jemand im Hause krank ist, legt man ein Kleidungsstiick (Hemd) des Kranken in den Sarg, dann wird die Krankheit mitbegraben; doch muB man den eingestickten Namen herausschneiden, sonst wird der Kranke nach- gezogen 7 . In ahnlicher Absicht legen sie Ungeziefer in den Sarg, damit das 1 Berneker, EWb. I, 139; Briickner, SE. 166. — 2 Hortzschansky 249. — 3 Sartori, SB. 1, 136: Samter, GHT. 203; Fischer 173—179, wo zahlreiche Parallelen aus dem alten und neuen Europa. — * Lausitz. Magazin 12 (1834), 609 ff. — 3 Nach Weineck in den Mitteil. d. Nied. Laus. Ges. f. Anthrop. VI (1890), 548; Veckenstedt 235. — ’ Schneeweis, GrundriB 126. — ’ Rentsch in Wuttkes Sachs. Volkskunde, 347.