VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE Die Lausitzer Sorben sind die Nachkommen zweier slawischer Stamme, der Lužici in der heutigen Niederlausitz und der Milčane in der heutigen Oberlausitz. Dieser alten Zweiteilung entspricht auch die heutige dialektische Gliederung. Um Bautzen wird obersorbisch gesprochen und geschrieben, ndrdlich Kottbus niedersorbisch, die Verbindung stellt der Ubergangsdialekt um Schleife (Slepo) her. Infolge der deutschen Kolonisation wurde das einst geschlossenc sorbische Sprach- gebiet eingeengt und von stadtisch-biirgerlicher und bauerlicher Bevdlkerung durchsetzt. In den Schulen war die sorbische Sprache bis zum Jahre 1933 bloB in Sachsen als Wahlfach zugelassen, aber nach der Machtiibernahme des Faschismus begann eine systematische Ausrottung des Sorbentums. Die sorbischen Lehrer und Pfarrer wurden entweder entlassen oder in deutsche Gebiete veisetzt. Sorbische Zeitungen und Zeit- schriften wurden eingestellt, viele sorbische Biicher wurden eingestampft oder verbrannt. Nach der Niederwerfung des Faschismus im Jahre 1945 wurde der Neuaufbau des Sorbentums auf gesetzliche Grundlage gestellt. In dem Gesetz zur Wahrung der Rechte der sorbischen Bevdlkerung heiBt es: „Die sorbische Bev61kerung genieBt in bezug auf ihre Sprache, kulturelle Be- tatigung und Entwicklung gesetzlichen Schutz und staatliche Forderung. Fiir sorbische Kinder sind Grund- und weiterbildende Schulen mit sorbischer Unterrichtssprache einzurichten, in denen auch deutscher Sprachunterricht zu er- teilen ist. Bei Behorden und Verwaltungen in den sorbisch-deutschen Gebieten ist neben der deutschen Sprache auch die sorbische Sprache zugelassen. In den sorbisch-deutschen Gebieten sind der zahlenmaBigen Starke der sorbischen Bevdlkerung entsprechend antifaschistische und demokratische Sorben zur Ver- waltung heranzuziehen. Zur Lenkung und Forderung des sorbischen Kulturlebens wird ein sorbisches Kultur- und Volksbildungsamt mit dem Sitz in Bautzen errichtet, das dem Mini- sterium fiir Volksbildung untersteht. Die personelle Besetzung erfolgt auf Vorschlag der zugelassenen antifaschistisch-sorbischen Organisation. Fur den Wiederaufbau des sorbischen Kulturlebens und seine Weiterentwicklung sind finanzielle Mittel aus allgemeinen Staatsmitteln bereitzustellen. Die Behorden und Verwaltungen in den zweisprachigen Gebieten haben die Pflicht, die sorbischen Kulturinteressen in jeder Weise zu fordern." Auf Grund dieser gesetzlichen Bestimmungen wurden zahlreiche sorbische Schulen eroffnet (jetzt wirken uber 300 sorbische Lehrer), eine sorbische Oberschule in Bautzen, die 1951 die ersten Absolventen entlieB, eine Lehrerbildungsanstalt in Radibor (Radwoř), eine landwirtschaftliche Schule in Crostwitz (Chrosćicy) und eine Volkshochschule, die in den einzelnen Ortschaften kiirzere und langere Kurse sowie Vortrage iiber die verschiedensten Wissensgebiete veranstaltet. An der Universitat Leipzig wurde ein Lektorat fiir sorbische Sprache errichtet und ein Lehrauftrag fiir sorbische Volkskunde eingerichtet. Die Domowina genannte