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Braut mochte mit der Zeit eine gute Heckmutter sein.“ Frenzel wendet sich weiter 1 gegen die schon damals gelaufige volkstiimliche Auffassung dieses Brauches: „Wenn aber sorbische Weiber vorgeben, dafi die ausgelassene Henne, wenn sie im Hause bleibe, ein Omen gebe, die Braut wiirde im Hause bleiben und nicht vom Manne lassen; hingegen, wo die Henne nicht bleibet, so deute sie an, dafi auch die neue Frau, im Haus, und beim Mann, schwerlich ausdauern werde; solche dabei fallende Mutmafiung ist siindlich, weil uns Christen verboten wird, auf der Vdgel Geschrei und anderes Achtung zu geben, und mufi darum entweder diese Meinung den Wenden ausgeredet oder die Zeremonien mit der Henne ganz und gar abgeschafft werden.“ Vor hundert Jahren iibersiedelte die obersorbische Braut nach Schmaler 2 am zweiten Hochzeitstag nach dem Mittagessen. War alles zur Abfahrt bereit, so hielt der braška die Aussegnung aus dem hochzeitlichen Hause, wužohno- wanje z kwasneho domu, wobei er sich besonders an die Braut wandte mit der Aufforderung, die treue Liebe der Eltern, Geschwister und Freunde nie- mals zu vergessen und sich nun von allen gebiihrend zu verabschieden. Unter Weinen und Schluchzen verabschiedete sich die Braut von allen An- gehdrigen und Bekannten, wobei die Anwesenden unter Musikbegleitung er- greifende Abschiedslieder sangen. Zum Schlufi bestiegen die Mitfahrenden den Wagen, und der Zug setzte sich in Bewegung. Voran fuhren die Braut- leute mit ihrem Ehrengeleit, dann folgten die iibrigen Gaste, zuletzt kam das Heiratsgut der Braut, bestehend aus Wasche, Hausrat, Flachs, Betten u. a. Vor dem neuen Heim angelangt, wurde die Braut mit Kufi und Handschlag von ihren neuen Verwandten begriifit, denen sie Geschenke iiberreichte. Durch Verteilung von Kuchen und Bier suchte man alle Zuschauer giinstig zu stim- men. Dann hielt der braška die Einsegnung der Brautleute in ihr Heim, žohnowanje mlodeju mandželskeju do jeju doma, in der er die jungen Ehe- leute auf ihre Pflichten aufmerksam machte, aber auch die Schwiegereltern bat, die neue Verwandte mit Liebe und Giite aufzunehmen. Zu dem an- schliefienden Abendessen erschienen die Frauen des Dorfes und begriifiten die junge Frau mit Gesang. Von diesem ersten Mahle schickte sie Brot und Fleisch an die armste Familie des Dorfes. Zum Schlufi wurde das junge Paar von den beiden Ehrenmiittern ins Schlafgemach geleitet. Nach Hortzschansky 3 durfte die Braut nicht mit leeren Handen ins neue Heim einziehen, ein Brot mufite sie der ersten Person schenken, der sie be- gegnete. Entsprechende Brauche der Siidslawen, bei denen die Braut mit Brot und Wein (bzw. Wasser) das Haus betritt und die genannten Gaben nach dreimaliger Umwandlung des Herdes daselbst niederlegt, machen es wahrscheinlich, dafi auch dieses Brot und die oben erwahnte schwarze Henne als Opfergaben fiir die Schutzgeister (Manen) des Hauses aufzu- fassen sind. An manchen Orten lieB sie, wie Hortzschansky berichtet, alle Zuschauer 1 Hochzeit 62. — 2 Volksl. II, 237. — 3 Op. cit. 141. 4 Feste und Yolksbrauche