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ganzen bis heute erhalten 1 , blofi die schwarze Bluttunke ist aus der Mode gekommen. — Im Spreewald ist Milchhirse und Hecht mit „Spreewaldtunke" obligatorisch. Schon A. Frenzel 2 hebt von den bei den Sorben des 18. Jahrhunderts ublichen Hochzeitsspeisen das zuerst aufgetragene Schwarzfleisch her- vor, das auch bei der „Kirmifi“ als vornehmstes Gericht galt und das er mit altslawischen Opferriten (Trinken des Blutes der geschlachteten Opfertiere) in Verbindung bringt. Ferner nennt Frenzel 3 den in Milch gekochten Hirse, dessen hohe rituelle Bedeutung schon daraus hervorgeht, daB man friiher in der Niederlausitz beim Auftragen dieses Gerichtes das Abnehmen des Brautkranzes vollzog 4 . Die Pausen zwischen den einzelnen Gangen sind bei grofien Hochzeiten ziemlich lang (eine Stunde), da das Reinigen des Geschirrs, das Auftragen und Abraumen viel Zeit in Anspruch nimmt. Messer, Gabeln und Loffel pflegen sich die Gaste mitzubringen. In manchen Gegenden, so um Wittichenau, besteht heute noch die friiher allgemeine Sitte, dafi die Gaste einen Topf fur die Speisen mitbringen, die sie selbst nicht essen, sondern den Angehdrigen mitnehmen’. Den ersten Anschnitt des Brotes soll die Braut zu sich stecken und auf- heben, denn es schimmelt nicht und ist heilkraftig, besonders gegen Zahn- schmerzen und Krampfanfalle der Kinder”. In der Oberlausitz gehort es zum guten Anstand, dafi das Brautpaar wah- rend des ganzen Mahles sitzen bleibt, wenig ifit und dafi die Braut moglichst wenig spricht. Der točka, Mundschenk, zu os. točić, zapfen, ausschenken, W. tek-, tok-, fliefien, hat sich darum zu kiimmern, dafi die Giiste stets genug zu trinken haben und dafi die leeren Kriige stets nachgefullt werden. In den langen Pausen wahrend der einzelnen Gange gehen viele Gaste zu den Nachbarn zu Besuch, wo sie mit Kuchen und Kaffee bewirtet werden. Andere bleiben bei der Tafel und singen zum Spiel der Musikanten frohe und traurige Hochzeitslieder 7 . Auch vor den Fenstern erschallen Lieder aus dem Munde der Madchen, die sich von ihrer jung verheirateten Freundin verabschieden wollen. Zum Dank schickt man ihnen und auch allen Zaun- gasten Essen und Trinken hinaus. Auch der Alten und Armen im Dorfe wird bei Hochzeiten durch Zusendung von Speisen und Getranken gedacht. Fiir die Heiterkeit bei Tische sorgt besonders der Brautbitter durch Lieder, Anekdoten, Witze usw. 30. Gegen Ende des Mahles sammelt man in einem Teller, in dem etwas Salz liegt, ein Trinkgeld fiir die Kochin, in einem solchen mit Wasser und 1 Vgl. auch Schwela, op. cit. 476. — 2 Hochzeit 62. — 3 Hochzeit 65. — * Schwela, Hochzeit 476: Schorbus (Skjarbošc). Auch den Hauskobolden setzte man friiher Milchhirse vor: Cerny, Mythiske bytosće 26; Parallelen zum Hochzeitsbrei im HDA. s. v. Brei. — 5 Vgl. Sartori, SB. I, 97. — 6 Łužica X (1891) 35; Łužica V (1864) 121. — ’ Abgedruckt bei Schmaler, Volkslieder I, S. 243—266, II, 127—144.