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In der Oberlausitz brennen vor dem Brautpaar zwei Kerzen (Licht und Feuer als Abwehr). Wessen Kerze friiher niederbrennt, der wird fruher sterben 1 . Vielfach laBt man sie nicht ganz niederbrennen, sondern loscht sie aus und hebt sie auf. Sie haben magische Kraft 2 . In Schleife steht vor dem Brautpaar auf einem Teller ein mit Zweigen und Rautenblattern geschmiicktes Butterschafchen, wowcka 3 . In Schorbus heiBt dieses Butterschafchen letko, also ebenso wie die zu Weihnachten gebackenen tierfigiirlichen Gebildbrote 4 . Als Vorspeise wird den Gasten Brot, Butter und Kase gereicht, die eigentliche Mahlzeit beginnt erst mit dem Auftragen der Suppe und dem nachher vom Pfarrer oder Brautbitter gesprochenen Tischgebet und einer kurzen BegriiBung. Die Speisenfolge ist ungemein reich, in der Oberlausitz besteht sie meist aus folgenden Gerichten: 1. Piwowa poliwka, Biersuppe. 2. Howjazowe mjaso z krjenom, Rindfleisch mit Meerrettig. 3. Braten: Swinjaca pječeń, Schweinsbraten, wowča p., Schopsenbraten oder husaca p., Gansebraten. 4. Corna juška, schwarze Tunke aus Schweins- oder Ganseblut. 5. W mlocy jahły, Milchhirse, oder krupy z jušku, Graupen mit Briihe. 6. Hejdušna kolbasa, Griitzewurst. 7. Tykanc, Kuchen. Getrunken wird Bier, piwo, und Branntwein, paleńc, besonders Kirschen- likor 5 . Auch die Hochzeitstafel in Schleife 6 weist ahnliche Gerichte auf: Bier- suppe, Graupen mit Rindsbriihe, Fleisch mit schwarzer Tunke (hier zwerina genannt) aus Rindsblut und Backpflaumen, Fleisch mit weiBer Tunke (maČka — čech. omačka, Berneker, EW. s. v. mokrz), Kaldaunen (kalduny, nach Berneker, EW. I, 472 aus mhd. kaldune, Eingeweide, dieses aus mlat. calduna, Ableitung von cal(i)dus, also das noch warme Eingeweide frisch geschlachteter Tiere), Milchhirse, Griitzwurst usw. Von dem Fleisch der Tiere, die man fiir die Hochzeitstafel geschlachtet hat, darf man nichts ver- kaufen, sonst gibt man Gliick und Reichtum weg’. In der Niederlausitz kamen vor hundert Jahren 8 auf den Hochzeitstisch: Biersuppe (auch Brautsuppe genannt), Heidegriitze mit Rindsbriihe, Rind- fleisch mit Meerrettig, Schweinefleisch mit schwarzer, aus Blut ge- kochter und mit gebackenen Birnen gemischter Briihe, Ganse- und Schweinebraten, Griitz- oder Hirsewurst, Hirsebrei mit Milch, Kuchen. — Kartoffeln (junger Import) kamen in keinem Gerichte vor. Diese Hochzeitsspeisen haben sich in der Niederlausitz im groBen und 1 Parallelen bei Sarton, SB. I, 92. — ’ Handrik 114: Schleife (Slepo).—* Schulen- burg, W. V. 122. — • Mucke, Wb. s. v. lĕtko. — ’ B. Schneider, op. cit. 265. — • Schu- lenburg, W. V. 121; Handrik 30. — ’ Handrik 113: Schleife (Slepo) — ’ Schmaler, Volksl. II, 246.