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Die kirchlichen Zeremonien selbst sind je nach der Konfession verschieden. Der Ringwechsel ist verhaltnismaBig jung, im Spreewald ist er erst um 1900 aufgekommen und heute noch nicht allgemein. Alter ist das Wechseln der Kranzlein (schon im 18. Jahrhundert bezeugt), das der braška nach der Trauung yornimmt 1 . Der Brautigam trug es ins Scheitelhaar geflochten, die katholische Braut an der linken Seite der borta. In Schleife ist es aufierdem iiblich, daB die Brautleute vor dem Altar die weiBen Tiicher tauschen, die von der Braut beigestellt worden sind 2 . Ohne Zweifel soll durch den Austausch der genannten Dinge (Ringe, Kranze, Tiicher) die eingegangene Verbindung gefestigt werden. Allgemein ist es Sitte, daB das Brautpaar noch in der Kirche unmittelbar nach der Trauung dreimal von allen Hochzeitern umkreist wird. Durch den magischen Kreis soll das junge Paar vor allen bdsen Einfliissen geschiitzt werden. Zum SchluB umwandeln alle samt den Brautleuten den Altar und legen daselbst eine Opferspende, ofĕra, nieder. 24. An die kirchliche Trauung, den Beginn eines neuen, ungemein wich- tigen Zeitabschnitts im Leben der Brautleute, ist eine Reihe von Brauchen und Verboten gekniipft, die entweder in der Furcht vor Schadenzauber wurzeln oder in den Bereich des Anfangs- und Analogiezaubers fallen. Niemand darf das Brautpaar kurz vor der Trauung anriihren, sonst wird es von Seuchen und Krankheiten verfolgt werden 3 * . Auf dem Wege zur und von der Kirche darf sich die Braut nicht umsehen, sonst sieht sie sich angeblich nach einem andern um'. Diese volkstiimliche Deutung ist sekundiir, urspriinglich hat das Verbot des Umsehens, das wir bei vielen Vdlkern alter und neuer Zeit nicht bloB bei der Hochzeit, sondern auch beim Taufgang und Begrabnis wiederfinden 6 , den Zweck, das Brautpaar vor dem Anblick nach- drangender schadlicher Geister zu behiiten. Wer von den Brautleuten vor dem Altar zuerst miide wird und auf den andern FuB iibertritt, wird zuerst sterben 6 . Wenn die Brautleute bei der Fahrt nach der Kirche anhalten, dann stirbt bald einer von ihnen 7 . Deshalb werden die Wagen vor der Abfahrt genau untersucht. Die Brautleute sollen vor dem Altar dicht beieinander stehen, damit niemand zwischen ihnen hin- durchschauen kann (boser Blick!), dann werden sie in der Ehe keinen Streit haben 8 . Stehen sie gar voneinander abgewendet, dann wird es in der Ehe Unfrieden geben. Vor der Trauung und nachher soll der Brautigam in die FuBstapfen der Braut treten, dann werden sie in der Ehe einig sein’. Damit es in der Ehe 1 Schmaler, Volksl. 11. Tafel 111, 5. — 2 Handrik im CMS. 54, S. 25. — ’ Schneider, op. cit. 267. — * Schulenburg, W. V. 121: Schleife (Slepo), Parallelen bei Samter, GHT. 147. — 5 Samter, GHT. 148 ff. — 0 Miindliche Erhebung in Jenschwalde (Janšojce). — ’ Schulenburg, W. V. 123; Cerny, Svatba, 42. — “ Burg, mundlich; Schmaler, Volksl. II, 258; Schneider, 267. — " Handrik im CMS. 54, S. 113: Schleife (Slepo).