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Hochzeit - Versammlung der Hochzeiter und Abholung der Braut 29 garinnen den Sauerteig durch zwolf Nachte (19. bis 31. Dezember), dreimal (19., 24., 31. Dezember) wurde um ihn getanzt 1 . — Eine Parallele aus dem altdeutschen Volksglauben: Eine Beichtfrage Burchards von Worms (f 1025) lautet: „Hast du fiir dich in der Neujahrsnacht Brot backen lassen, um, wenn es gut aufging, daraus auf Gliick fiir diesen neuen Zeitabschnitt zu schlieBen?" 2 Wenn demnach die sorbische Braut im BackfaB aufgeputzt wurde, so sollte meiner Meinung nach gerade am Hochzeitstage die magische Kraft des Sauerteiges in sie tibergehen und Kindersegen und leichte Geburt veranlassen (Ubertragungszauber). DaB sich dieser magische Brauch bei den Sorben an die Hochzeit ge- kniipft hat, wird aus der Bedeutung des Wortes kwas, »Sauerteig, saurer Trunk, Schmaus, Hochzeit« verstandlich. Auch die polnische und russische Braut muBte vielfach, wahrend sie ge- kammt wurde, auf dem Backtrog sitzen 3 . Was bedeutet nun das oben er- wahnte Binden der Leinwand auf den blofien Leib der Braut? Ich deute den Brauch auf Grund mazedonischer Parallelen als Analogiezauber. Es soll die kiinftige Schwangerschaft dargestellt werden, genau so wie in Maze- donien, wo die Braut in manchen Gegenden solange mit untergebundenen Tiichern gehen mufi, so dafi sie wie eine Schwangere aussieht, bis sie sich tatsachlich Mutter fiihlt 4 . Das Herausspringen aus dem BackfaB fasse ich ebenfalls als Analogie- oder Ahnlichkeitszauber auf: Wie leicht sie herausspringt, so leicht wird sie gebaren. In ahnlicher Weise sucht sich die kroatische Braut eine leichte Geburt zu sichern, indem sie am Hochzeitstage eine Miinze zwischen Hemd und Korper hindurchfallen laBt (Ls. Prigorje). Yersammlung der Hochzeiter und Abholung der Braut 18. Allgemeines: Am Hochzeitsmorgen versammeln sich die Ver- wandten und Funktionare des Brautigams sowie die Musikanten in dessen Hause, die Verwandten der Braut bei dieser. Nach einem kleinen ImbiB halt der Hochzeitsbitter bzw. drušba oder braška, pobratš eine Abschiedsrede, in der er an Stelle des Brautigams den Eltern fiir die ihm bisher erwiesenen Wohltaten dankt und sie sowie alle Verwandten, Freunde und Nachbarsleute um Verzeihung bittet (wužohnowanje, wotprošowanje). Dann formiert sich der Zug (os. kwasni ćahj zur Abholung der Braut, bloB bei den katholischen Sorben der Oberlausitz treffen sich beide Parteien meist erst in der Vorhalle 1 Marinov, Narodna včra, SbornikT> za narodni umotvorenija 228 (Sofia 1914) 276. — 2 F. Biinger, Geschichte der Neujahrsfeier in der Kirche, S. 18, Gottingen 1911.— 3 Piprek, Slaw. Brautwerbungs- und Hochzeitsgebrauche (Wien 1914), S. 58 ff., 75 ff.; Elsa Mahler, Altiussische Volkslieder aus dem Pečoryland, Basel 1951, S. 158. — 4 Solche Brauttrachten haben die ethnograph. Museen in Skoplje und Belgrad.