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12. Die meisten Hochzeiten finden vor der Ernte oder im Herbst statt, und zwar womoglich bei zunehmendem Mond (Analogicglaube). Bei Neu- mond abgeschlossene Ehen bleiben kinderlos 1 . Als Hochzeitstag wahlt man in der Oberlausitz am liebsten den Dienstag, in der Niederlausitz den Sonn- abend. In Burg (Spreewald) pflegt man am Freitag zu heiraten, auch um Spremberg 2 . Am Vorabend 13. Als Beitrag zum Hochzeitsmahl tibersenden die Eingeladenen am Vor- tag oder auch schon friiherMilch, Butter, Kase, Eier usw. Den Brauch nennt man křinku nosyć, die Butterbiichse tragen’. Bei den katholischen Sorben, wo die Hochzeiten am Dienstag stattfinden, werden die Geschenke fiir das Brautpaar schon am Sonntag abends ins Hochzeitshaus geschickt. Diese Ge- schenke, die vor allem die Paten besorgen miissen, heiBen dort křińčka „Butterbiichse“. Die Paten schicken gewohnlich fiinf Pfund Butter in Gestalt emes Hahns, einer Henne oder eines Lamms. Die anderen Gaste bringen entweder ebenfalls Butter oder Gebrauchsgegenstande fiir den neuen Haus- halt (Pata in der Slavia XIII, 213). Die Anzahl der gebackenen Kuchen ist enorm, denn jeder Dorfbewohner mufl einen bekommen. Das Schlachten des Gefliigels besorgt meist der Hochzeitbitter, das Brautpaar darf ihm dabei nicht zusehen. Die Sitte des Polterabends ist nicht sorbisch, sie ist erst in neuerer Zeit von den Deutschen iibernommen worden. Alt scheint aber der Brauch zu sein, daB die Madchen vor dem Hause der Braut geistliche und weltliche Liedcr singen und dafiir mit Kuchen, Bier und Branntwein be- wirtet werden. Alt ist ferner der Brauch, daB die Burschen vor dem Hause der Braut larmen, schiefien und Tbpfe gegen die Tiir werfen. Dieses čropu mjetać soll urspriinglich feindliche, das Haus umlauernde Damoncn ver- treiben, daher der Glaube, daB viele Scherben auf viel Gliick deuten. Vor der Tiir des Brauthauses und des Brautigamhauses wird je eine Ehrenpforte, galanda, errichtet mit Aufschriften, wie: „Gott segne das Braut- paar!“, „Herzlich willkommen!" Die erforderlichen Kranze flechten die Madchen des Dorfes. Die Hochzeiter, os. kwasarjo, ns. swaźbaře 14. AuBer dem Brautigam, nawoženja (zum Stamm žen, vgl. serb. mladoženja, kroat. oženja [um Cakovac], russ. novoženja') und der Braut, njewjesta*, ist die wichtigste Person der Brautfiihrer. Er ist bis zur 1 Lužica X (1891), 35; Schulenburg in der Landeskunde der Provinz Branden- burg III, 254. — ’ Schmaler, Volksl. II, 230. — ’ Schmaler Volksl. II, 257. — 4 Nach Briickner, Słownik E. 362, die Unbckannte, Fremde, die erst nach der Geburt eines Sohnes von den Hausgdttern anerkannt wurde; er vergleicht magyarisch igen, der eingeheiratete Schwiegei sohn, eigentlich der Fremde.