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Die Armenier werfen den ersten Zahn des Kindes auf den Herd und rufen: „Nimm dir, GroBvater, den Hundezahn, und gib mir einen goldenen Zahn!" 1 Damit das Kind bald Zahne bekommt und spater nicht an Zahnschmerzen leidet, gibt man ihm geriebenes Brot vom Hochzeitstisch eines unbescholtenen Brautpaares zu essen 2 . Wenn die ersten Zahne weit voneinander abstehen, glaubt man, dafl es das Kind in der Welt weit bringen wird 3 . Damit das Kind leicht sprechen lernt, gibt man ihm, sobald es ein Jahr alt geworden ist, das erste Ei einer jungen Henne zu essen oder kauft ihm in der Apotheke eine sogenannte Zahnkette, za zuby rftćazk. Sie bewirkt angeblich, dafl das Kind bald Zahne bekommt und sprechen lernt 4 . Schluflbemerkungen 7. Der groflte Teil der sorbischen Geburts- und Taufbrauche stammt noch aus der indogermanischen, bzw. urslawischen Zeit: Hierher gehoren die Meinungen und Briiuche, die sich auf die Schwangerschaft beziehen, die Anschauungen beziiglich des Muttermals, die im Analogieglauben wurzelnden Maflnahmen zur Erleichterung der Geburt, die Hebamme, die Anschauungen beziiglich der Unreinheit des Neugeborenen und der Wdchnerin, deren Isolie- rung, der Glaube an die Verbundenheit von Baum und Mensch und an die magische Kraft der Nabelschnur, die Namengebung, verbunden mit ver- schiedenen Formen des Anfangszaubers, Abwehrmaflnahmen gegen feind- liche Damonen und bosen Blick (Axt, rote Farbe, Verbot des Hinausgehens nach Sonnenuntergang) u. a. Christlich ist die an Stelle der heidnischen Reinigungs- und Namen- gebungsriten getretene kirchliche Taufe. Die damit verbundene Terminologie weist auf deutsche Einfliisse hin (křćenje aus altd. kristen, zum Christen machen, os. duf>a, Taufstein, ns. dupenje aus altnd. ddpjan, taufen) und auf lateinische (sorb. kmotr m., kmotra f. aus 1. compater oder 1. commdtrem). Von den Deutschen stammt auch die iibrigens verhaltnismaflig junge Ver- wendung der Patenbriefe (18. Jahrh.). Slawisch sind die Ausdriicke porod, Geburt, rodźić, gebaren, njedźelniča, Wdchnerin, kolebka, Wiege, tročkaua, Tragtuch, gelnje, Taufschmaus, kruchi, Taufschmaus. * Ploss, Das Kind 3 , II, 54. — 2 Schulenburg in der Landeskunde der Provinz Brandenburg, III, 252. — 3 Lužica X (1891), 6. — 4 Hebamme Frenzel, Crostwitz (Crćsćicy), m.