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Stiicke den Gevattern und Nachbarn zu schicken. Nach F. Eckarths Chronik des Dorfes Herwigsdorf bei Zittau hiefi dieses Kuchenstiick „Gevatterstiick“ l . In Schleife ist die Bezeichnung gelnje, Taufschmaus, auch auf die den Dorf- kindern gesandten Semmeln iibergegangen. Eine gute Parallele zu dem sorbi- schen Bedeutungswandel gelnje, kruchi, Stiicke — Taufschmaus, bietet das russische kaši, Griitze — Taufschmaus 2 . In der Heide und in der Niederlausitz ist es Sitte, das Kind, falls dessen Mutter im Wochenbett gestorben ist, zu Hause neben dem offenen Sarge zu taufen 3 . Zu Grunde liegt wohl die Absicht, den Geist der verstorbenen Mutter an der Taufzeremonie teilnehmen zu lassen, damit er beruhigt von dannen zieht. Bezuglich der Namengebung ist zu bemerken, daB heute dem Kinde schon anlaBlich der Anmeldung bei der Behorde ein Name beigelegt wird, den man dann bei der Taufe wiederholt. Hortzschansky 4 sagt (1782), daB man dem Kind friiher nur einen Namen beigelegt habe, seit einiger Zeit aber auch zwei. Als die haufigsten sorbischen Taufnamen fuhrt er an: Jan, Pjetr, Jakub, Handrij, Matthej, Michał, Juri (Georg), Hana (Anna), Marscha (Margarete), Wurta (Dorothea), Wurschla (Ursula), Hanža (Agnes), Marja, Hilža (Elisabeth). In Schleife (Slepo) wird bei der Namengebung eine bestimmte Reihenfolge eingehalten. Heifit der Vater Matthes, so heiBt der erste Sohn Hanzo, der zweite Matthes, der dritte Juro, der vierte Kito, der fiinfte Merten, der sechste Lobo (Gottlieb); heifit der Vater Johann, dann bekommt der erste Junge den Namen Matthes, der zweite Hanzo usw. wie oben. Wenn die Mutter Anna heifit, heifit dort das erste Madchen Maria, das zweite Anna, das dritte Madlena, das vierte Liza, das fiinfte Khrysta, das sechste Wortija (Dorothea), das siebente Woršula (Ursula); heifit die Mutter Maria, dann nennt man das erste Madchen Anna, das zweite Maria usw. wie oben. — In der Niederlausitz werden dem ersten Knaben und Madchen die Taufnamen der Eltern beigelegt. Wenn in einer Familie die ersten zwei oder drei Kinder gestorben sind, nennt man das nachste Adam bzw. Eva 5 . Hierzu vergleicht sich die serbische Sitte, ein solches Kind Živko m., Živka f. (zu živeti, leben) zu nennen oder ihm einen abwehrkraftigen Namen wie Vuk, Wolf, beizulegen; so erhielt Karadžić diesen Namen, da alle Geschwister vor ihm gestorben waren. Das Verhaltnis zwischen Paten und Patenkind ist sehr innig und kommt auch in den Geschenken zum Ausdruck, die er ihm je nach den Vermdgens- verhaltnissen besonders zu Weihnachten, Ostern (Eier und SiiBigkeiten) bis zur Konfirmation des Patenkindes zukommen laBt. Bei dem zuletzt genannten Anlafi erhalt es eine Bibel oder ein Kirchenliederbuch. 1 O. Weder in der Oberlausitzer Heimatzeitung 1923, S. 4. —• 2 Zeleńin, Russ. Volkskunde, 296. — 3 F'rau Kroll, Guhrow (Gory), m. — 4 op. cit. 129. — 6 Schulen- burg, W. V. 109: Schleife (Slepo).