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und eine weiBe Tiilldecke. Beim Weggehen sprechen die Paten zur Wochnerin: ,.Pohana nam daće, křesćijana wam zaso přińesemy." »Einen Heiden gebt Ihr uns, einen Christen werden wir Euch wiederbringen« *. In der Niederlausitz ist es vielfach Sitte, den Taufling, dessen Geschwister vor ihm gestorben sind, durch das Fenster hinauszureichen, damit er am Leben bleibt * 2 ! Diesem Brauch, der auch bei Deutschen, Tschechen, Polen und WeiBrussen bezeugt ist 8 , liegt urspriinglich die Absicht zu Grunde, die an der Tiir lauernden Damonen zu meiden, sie zu tauschen. DaB die Schwelle ein gefahrlicher, von Damonen umlauerter Ort ist, ersehen wir aus verschiede- nen Brauchen: Wenn die Wochnerin in der Niederlausitz mit ihrem Kind den ersten Kirchgang antritt, soll sie mit dem rechten FuB zuerst iiber eine auf die Schwelle gelegte Axt treten, bei der Riickkehr mit dem linken, dann bleibt das Kind am Leben und wird vor der Macht boser Wesen bewahrt’. Das Schreiten iiber eine Axt als Abwehrmittel gegen bdse Geister beim Tauf- gang ist aus Westfalen, Polen, Rufiland bezeugt 6 . In derselben Absicht trugen die Polaben im hannoverschen Wendland das Kind vor der Taufe iiber eine Schaufel gliihender Kohlen 6 . Eisen und Feuer sind in der Volks- kunde sehr gelaufige Apotropaia. Nach Schulenburg (op. cit. 109) wurden um Schleife (Slepo) solche Abwehrmittel erst bei der Heimkehr auf die Stubentiirschwelle gelegt: eine Axt und eine Hacke, wenn es ein Junge war, ein Spinnrocken und ein Besen, wenn es sich um ein Madchen handelte’. — Heute liegen beim Weggehen und bei der Riickkehr dreierlei Gegenstande auf der Schwelle: fiir einen Jungen Axt, Sage und Peitsche, fiir ein Madchen Sichel, Besen und Gesangbuch. Peitsche und Gesangbuch sind sekundare Zu- taten, der urspriingliche Abwehrzauber wird heute schon als Anfangszauber aufgefaBt. Da nach dem Volksglauben das Verhalten der Paten auf die Eigen- schaften des Kindes einwirkt, muB es die Patin, die es beim Taufgang tragt, einer andern iibergeben, falls sie austreten muB, sonst wird es zum Bett- nasser 8 . Nach alter Sitte soll man mit demTaufling zur Kirche gehen, nicht fahren. In der Kirche wird das Kind von jedem Taufpaten der Reihe nach kurze Zeit getragen, aber beim Taufstein, dupa, wird ein Knabe gewohnlich vom jiingsten Paten, ein Madchen von der jiingsten Patin gehalten, doch wird der Taufling an manchen Orten von einem Paten andern Geschlechts gehalten, damit er nicht ledig bleibe. Das Taufhemdchen, křesnička (Hortzschansky, 128, deutet czeflnica irrtiimlich als Ehrenkleid), mit dem man den Taufling nach der Besprengung vielfach bedeckt, stecken sie als Abwehrmittel an die Bettvorhange der Mutter. Diese hebt es spater sorgfaltig auf, um es dem in die Fremde ziehenden Sohne mit der Ermahnung mitzugeben, so rein wieder- * Parallelen hierzu finden sich in ganz Europa: Biegeleisen, op. cit. 215 ff. — 2 Miiller, 138: Wendisch-Sorno. — 3 * * Biegeleisen, op. cit. 213 ff. — * Muller, 138: Merzdorf (Zylowk); Łužica X (1891), 5. — 6 Biegeleisen, op. cit. 212. — • Globus 77, S. 223, cit. nach Sartori, SB. I, 36. — 7 Hebamme Habrink, m. — 8 M. Handrik im CMS 54 (1901), 111; Schleife.