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Haustiere und Viehzucht 163 zu werfen, ist in Deutschland sehr hauńg 1 . Im ehemaligen Schlesien (Do- bischwald) wurde ein in Stroh eingewickeltes Holz in die Nachbarscheune geworfen mit dem Ruf: „Da habt ihr den Kloppel!“ Holte man den davon- laufenden Tater ein, so wurde ihm der Kloppel auf den Riicken gebunden und er hiefi das ganze Jahr Kornkloppel, Weizenkldppel oder Grannsak (bei der Gerste) 2 . Dieses Holzwerfen erinnert an das im Schonhengster Land iibliche „Pfefferholztragen“, bei dem ein alter Topf in die Spinnstube ge- worfen wurde. Wahrscheinlich galt der Topf urspriinglich den Spinnerinnen, die vor gewissen Terminen nicht abgesponnen hatten, denn auch in der Ober- lausitz (Wuischke) wirft man dem, der im Dorfe als letzter drischt, einen Topf in die Stube. Bemerkenswert ist auch die Sitte, den alten Wachstumsgeist in Gestalt eines Bockes oder einer Ziege (HabergeiB, chĕvre de paille) dem Nachbarn zuzuschieben *. Wenn man von dem neuen Getreide zum ersten Male Brot backt, schickt man auch dem Nachbarn davon 4 . C. HAUSTIERE UND VIEHZUCHT 128. Einen wie wertvollen Besitz das Vieh fiir den Hirten und Bauern darstellt, zeigt vielfach schon die Terminologie: Skr. blago heiBt 1. Vieh, 2. Schatz. — Sorbisch skot (in allen Slawinen) stammt aus dem Got skatts, »Vieh«, das in unserem Schatz fortlebt; ns. zbožo, »Vieh, Vermogen«, os. zbože, »Gliick«. Die Ausdriicke wurzeln in den primitiven Zeiten des Tausch- handels: vgl. auch lat. pecunia, »Geld« (zu pecus, »Vieh«), angels. feoh, »Vieh, Geld«, got. faihu, »Geld«. Das innige Verhaltnis zu den Haustieren, die dem Bauern Arbeitsgehilfen sind, die ihm Milch, Fleisch, Geld, Bekleidungsmaterial usw. spenden, kommt nicht bloB in den beigelegten Namen 6 und in den Lockrufen zum Ausdruck, sondern auch in mancherlei Brauchen, die dem Vieh Abwehrkraft gegen schadliche Einfliisse, Gesundheit, Wachstum und Vermehrung vermitteln sollen. Wir haben oben gesehen, daB die sorbische Braut gleich nach der Trauung die Kiihe besucht, um ihre Segenskraft auf sie zu iibertragen (P. 27), dafi man den Haustieren den Tod des Hauswirtes mitteilt (P. 42), zu Neujahr eigene Gebildbrote backt, in der Osternacht geholte Saat verabreicht, daB man in gefahrlichen Zeiten, da bose Geister entfesselt sind, besonders zu Weihnachten, zu Walpurgi, Johanni usw. die Tiere durch verschiedenen Ab- wehrzauber zu schiitzen sucht. Die Geburt eines jungen Rindes lost Brauche aus, die denen bei der Geburt eines Kindes ganz analog sind: Um Kuh und Kalb vor Behexung 1 Lit. bei Sartori, SB. II, 103. — 2 Drechsler II, 78. — 3 Mannhardt, WFK. II, 169. — 4 Miiller 165: Papitz (Popojce). — 5 Schulenburg, W. V., 65. 11*