Volltext Seite (XML)
drehenden Madchen eine Konigin zu greifen, die ebenfalls ein Geschenk (Tuch, Band) bekommt. Dann gehts in festlichem Zuge zum Tanz in die Schenke, wo das Kdnigspaar etwas zum besten geben mufi. — Wo das Hahnschlagen im Rahmen des Erntefestes abgehalten wird, wird im Festzug eine mit bunten Bandern geschmuckte Erntekrone vorangetragen. Jung ist die Sitte, drei Topfe zerschlagen zu lassen — es ergeben sich drei Konigspaare — und dann drei Hahne versteigern zu lassen 1 11 . Viel eindrucksvoller als das Hahnschlagen wirkt das Hahnenreiten bei dem es sich darum handelt, daB der Reiter im Galopp den Kopf eines an einem mit griinem Laub geschmiickten Torbogen herabhangenden toten Hahns abreiflt. Der Kopf wird vorher abgeschnitten und mit einem Span angesteckt, ebenso die Fliigel. In Kunersdorf bei Cottbus, wo ich im Som- mer 1929 das Hahnrupfen, kokota skubaś, sehen und im Bilde festhalten konnte, wird derjenige, der den Kopf abreiflt, Konig, die zwei, welche die Fliigel erhaschen, Vizekonige. Jeder wird mit einem griinen Kranz und einer Schleife geschmiickt, ebenso die drei Koniginnen, die sie sich mit verbunde- nen Augen aus den sich im Kreise drehenden Madchen wiihlen diirfen. Die Erntekrone steht hierbei in der Mitte des Kreises. DerTorbogen (zwei Saulen und eine Querstange) steht auf einem nahen Feld, auf das man mit Musik hinauszieht, die Burschen hoch zu Rofl, die Madchen zu Fufl mit einer groflen Erntekrone (krona) in ihrer Mitte. Nach dem Hahnrupfen gehts in fest- lichem Zuge zum Tanz in die Schenke, wo der Hahn versteigert wird. Dieses Hahnenreiten ist auch sonst in der Niederlausitz sehr beliebt. In Burg, wo es kokota lapaś heiflt, gibt es nur einen Konig. Die Siegerin im Wettlaufen der Madchen wird seine Konigin 2 . Veranstaltet wird das Fest hier von der Spinnte, pśĕza, die als Madchenvereinigung weiterbesteht, wenn auch das gemeinsame Spinnen schon aufgehort hat. In Dissen erhalt der Kdnig eine lange Pfeife. Das Fest heiflt dort einfach kokot. Ganz ahnlich dem Hahnenreiten ist das beim Erntefest im friiheren Mittel- und Niederschlesien iibliche Ganschreita (Ganserichreiten) und das Entareita im Kreise Militsch’. Beim Hahnenreiten im Kreis Zauch-Belzig am Flaming mufl ein holzerner Hahn von einem Pfahl heruntergeschlagen weiden 4 . Das Toten eines Hahns zum Schlufl der Ernte ist in Deutschland weit ver- breitet und tritt in den verschiedensten Varianten entgegen 5 . Allen liegt der Gedanke zugrunde, den alten Wachstumsgeist zu tdten, damit sich dessen Altersschwache nicht auf die Natur iiber- trage. Bei den Serben z. B. mufl der Hausvater am Eliastag (2. August) den alten Hahn schlachten, sonst miiflte er angeblich selbst sterben. Deutlich tritt die Beziehung des Hahns zum Erntesegen hervor, wenn der Hahn in der vollen Scheune auf eine Stange gesetzt und umtanzt wird, wie 1 H. Zerna, Sitten und Gebrauche der Wenden einst und jetzt, Heimatbeilage der Lausitzer Landeszeitung. Cottbus, 20. Oktober 1925. — 2 Vgl. hierzu Wettlaufe der Madchen nach der letzten Garbe: Mannhardt, WFK. I, 396. — 3 Drechsler II, 72; HDA. s. v. Gansreiten, wo Lit. — ’ Sartori, SB. III, 213. — 5 Sartori, SB. II, 966’. 11 Feste und Volksbrauche