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hanniskranz (bei den Siidslawen der Georgskranz) dem Hause und seinen Bewohnern Segen und Fruchtbarkeit vermitteln. Mit dem Erntehahn hangt die noch lebende sorbische Sitte des Hahn- schlagens und Hahnrupfens (zu Pferde) zusammen, womit man sich aber auch zu Johanni und bei der Kirmes belustigt. So schildert Abraham Frenzel 1 das Hahnschlagen im Rahmen des Johannisfestes: „Item bei dieser Lust wird auch ein Haushahn auf der Auen in die Erde bis auf den Kopf vergraben. Etliche viel Schritt davon ist das Ziel, von welchem der Bauer oder Knecht mit verbundenen Augen und in der Hand einen Flegel bis zu dem Hahne abgehen und nach ihm etliches Mal schlagen muB: Es fehlet aber der meiste im Gehen und Schlagen. Doch wenn endlich einer den Hahn trifft und ihn totschliigt, hat er eine Kappe zum Gewinst. Der Hahn aber, wozu noch andre Speisen kommen, wird gekocht und von der Gemeine verzehrt. Der Herr im Dorfe schenket meist die Kappe, den Hut 2 und den Hahn, bis- weilen aber legt die Gemeine soviel zusammen, es backen auch die Bauern in allen Hausern Kuchen und wiihret gemeiniglich die Lust drei Tag.“ Horen wir, wie Hortzschansky 3 den Brauch schildert: „An einigen Orten ist das Hahnschlagen, honacža bicž (os. honač, ns. honak, aus d. Hahn) ublich. Man steckt namlich einen lebenden Hahn, dem die Fliigel und FiiBe ge- bunden sind, in eine Grube, welche oben mit einem Gatter von Stockchen oder Reisern bedeckt ist. Etwa hundert Schritt davon setzt man ein Bierviertel mit dem Spundloch gegen den Hahn gekehrt. Wer nun nach dem Hahn schlagen will, dem werden die Augen zugebunden, dann nimmt er einen Flegel, steckt die Handhabe in das Spundloch, nimmt den Flegel zwischen die Beine und zielt nach dem Hahn. Hierauf hebt er den Flegel sachte auf, nimmt ihn auf die Achsel und geht auf den Hahn los. Wenn er nah genug zu sein glaubt, schlagt er zu. Geschieht es, daB einer den Hahn trifft, so wird er auf den Achseln in die Schenke getragen. Der Hahn wird verspeist.“ Genau so schildert Schmaler das Hahnschlagen, honača bić, khapona bić*. Heute hat dieser ohne Zweifel rohe Brauch schon mildere Formen ange- nommen. Der Hahn sitzt meist in einer kleinen Grube, die mit Brettern zu- gedeckt ist. Auf diesen steht ein umgestiilpter Topf und nach diesem wird geschlagen. Manchmal entrinnt der Hahn und alle setzen ihm nach, um ihn einzufangen. Yielfach ist der Hahn schon verschwunden und nur noch der Topf iibrig (Schleife, GroB-Lieskow, Haasow), der Name Hahnschlagen (ko- kota bić, pśimeś, »greifen«) ist aber geblieben. Auch Madchen beteiligen sich heute an dem Hahnschlagen. Das in den alten Beschreibungen erwahnte FaB ist noch vorhanden, dient aber als Unterlage fiir eine Pyramide von Blumen. Jeder Hahnschliiger wird mit verbundenen Augen dreimal um dieses FaB (Tonne) gefiihrt und darf dann dreimal mit dem Flegel schlagen. Wer den Topf trifft, wird Kdnig, erhalt einen Kranz und ein Geschenk (Tuch, Weste) und hat das Recht, mit verbundenen Augen aus den sich im Kreise um ihn 1 Historia, Hs., S. 166. — ’ Auf dic Maistange, siehe oben P. 106. — * Op. cit. S. 378. — • Schmaler, Volksl. II, 225.