Volltext Seite (XML)
bank, damit es angeblich nicht stolz werde 1 . In Wirklichkeit handelt es sich bei diesem auch aus Bohmen, aus dem Land Brandenburg, dem ehemaligen Pommern und OstpreuBen bezeugten Brauch urspriinglich darum, das neue Familienmitglied unter den Schutz der Hausgeister zu stellen. Dieterich meint, daB das schon in der Antike iibliche Legen des Kindes auf den Boden eine Weihung an die Mutter Erde darstellen soll, Monseur sieht darin den Rest des ehemaligen „Niederkommens der Mutter auf dem FuBboden“ 2 . Beziiglich der Nabelschnur, pupk, sagt Schulenburg 3 , „dafi ihm von einer Verwendung derselben unter den Wenden nichts bekannt geworden sei“. Nach meinen Erhebungen wird in Schleife (Slepo) das abgeheilte Stiick der Nabelschnur, šnorka, als heilkraftig (gegen Krampf der Kinder) in der Lade aufgehoben 4 . Die Opferidee scheint dem von mir in Burg erhobenen Brauche zu Grunde zu liegen, nach welchem die Mutter nach der Aussegnung wahrend des Opfergangs hinter dem Altar die Nabelschnur wegwirft, damit das Kind angeblich gescheit werde. Auch im Holsteinischen wirft die Mutter beim ersten Kirchgang die Nabelschnur hinter den Altar, oder sie steckt sie in den Rauchfang iiber dem Herdfeuer 5 , was ohne Zweifel einem alten Opfer an die Hausgeister entspricht. Der Glaube, dafi die Nabelschnur Heil- und Ab- wehrkraft besitzt, dafi sie geistige Krafte, Gliick und Reichtum verleiht, ist iiber die ganze Erde verbreitet 6 . tlber die Gliickshaube (Eihaut) konnte ich nichts mehr in Erfahrung bringen, ebensowenig wie Schulenburg. Die Nachgeburt — os. posledk, poslednje, rodźeńca, ns. roźeńca, wird vergraben (unter der Dachtraufe, unter einem Baum oder Stall) oder ver- brannt. Man bestreicht damit dreimal hintereinander ein eventuelles Mutter- mal des Kindes, damit es verschwinde (Schleife). Ebenda wird die Nachgeburt, rodźeńca, in einer Scherbe in den Ofen ge- schoben, und zwar bis an die innere Ofenwand. Man vermeidet es durch einige Zeit, die Asche von dort wegzuscharren 7 . Denselben Brauch habe ich in Nochten (Wochozy) gefunden. Eine Parallele dazu bietet die im Fran- kenwald iibliche Sitte, die Nachgeburt in einem alten Topf in den Ofen zu schieben und dort sechs Wochen lang stehen zu lassen, so dafi sie vollkommen verkohlt 8 . Meiner Meinung nach handelt es sich hierbei nicht um eine blofie Ver- brennung, sondern um ein altes Opfer an die im Ofen siedelnden Hausgeister. Fiir diese Deutung spricht das in manchen Gegenden (Hol- stein, Serbien) ubliche Aufhangen der Nabelschnur iiber dem Herde und die sorbische Sitte, den ersten Zahn ruckwarts zum Ofen zu werfen. — Hierher gehbrt auch der sorbische Brauch, die Hoden der verschnittenen Tiere in den Ofen zu legen, damit angeblich die Wunden gut verheilen (Schleife). 1 Łužica X (1891), 5. — 2 Sartori, SB. I, 25, wo Lit. — ’ W. V. 108, Anm. 1. — 4 Hebamme Habrink, Schleife (Slepo), m. — 5 Biegeleisen, Matka i dziecko, S. 67. — " Beispiele bei Biegeleisen, op. cit. 65—69. — 7 M. Handrik im CMS. 54 (1901), 110. — 8 Ploss, Das Kind 2 I, 225.