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in Trebatsch bei Liibben das Kaudernest herumgefiihrt: Ein starker Bursche wurde ganz in griine Zweige gehiillt, er trug in jeder Hand einen diirren Dornbusch. In dem Heischelied, das die Begleiter sangen, heiBt es: „... Ach gebt doch was, ach gebt doch was Dem alten, griinen, gelben Kaudernest! Hat sieben Jahr’ im Busch gelegen, Ist griin und gelb verwachsen ...“ 1 . Zu Johanni auftretende Laubmanner sind in Deutschland nicht selten 2 . In der Gegend von Ertingen (Wiirttemberg) geht in einem vdllig mit Tannen- reisern umkleideten Gestell der Latzmann herum; sein Name (zu ahd. laz, »trage, matt«, nhd. letzt ist Superlativ dazu) weist darauf hin, daB der zu- letzt Kommende ihn spielen muBte, ahnlich wie den Pfingstbutz, den Wasser- vogel u. a. 3 . Im Vogtlande (Reichenbach) wird zu Johanni zum SchluB des Festes ein Maibaum ins Wasser geworfen, aber vorher noch eine andere Person, die man Johannes nennt. In letzterem Falle erscheint also der Wachs- tumsgeist sozusagen aus dem Baume herausgetreten 4 . Auch die von A. Frenzel erwiihnten mit Binsenhauben geschmuckten Kna- ben, die mit griinen Binsenpeitschen ( = Lebensruten) umherlaufen, konnen wir als Vertreter der Wachstumsgeister im Sinne Mannhardts auffassen. Zu dieser Deutung stimmt die Ausstattung des Kdnigs im Egerlander Pfingstspiel 5 mit einem aus Binsen geflochtenen Hut. — Vielleicht spielt auch die Heilkraft des Binsenmarks mit 6 . In Wittichenau (Kulow) (kath.) waren noch vor 70 Jahren folgende Jo- hannisbrauche iiblich: Noch vor Sonnenuntergang streute ein Madchen am Vortag einen Korb voll langer Binsen (syč, f.) in die Stube. Vor Sonnen- untergang streute sie auch im Kuhstall ein und die Hauswirtin heizte zu der- selben Zeit ein. Am nachsten Morgen vor Sonnenaufgang stellten sie ein Bindeorakel an: 6 bis 8 Binsen banden sie in der Mitte zu einem Biindelchen, dann banden sie je zwei dieser Binsen an den Enden zusammen. Zum SchluB losten sie das Biindel und schauten, ob sich ein geschlossener Ring (Gliick) oder mehrere Ringe (Ungliick) ergaben oder eine Kette (grofies Ungliick). Das nannten sie zbožowjazanje, »Gliicksbinden«. — In ahnlicher Weise binden die Serben die Halme des Weihnachtsstrohs, vezuju slamu za berićet, »sie binden Stroh Gliicks halber« T . — Diese Johannisstreu warfen die Sor- ben um Wittichenau am Tage nach Johanni in die Scheune, damit die Mause nicht die neue Ernte fressen. — Ebenda steckten sie Johanniskrauter an Fenster und Tiiren, denn in der Johannisnacht um 12 Uhr gepfliickte Krauter gelten genauso fiir geweiht wie die vom Priester zu Fronleichnam ge- weihten 8 . 1 Niederl. Mitt. 1 (1889), 465. — 2 Sartori, SB. III, 231. — ’ Mannhardt, WFK. I, 325. — * Mannhardt, ib. 170. — 5 Reinsberg-Diiringsfeld, Das fcstliche Jahr, 156. — “ Schulenburg, W. V., 107. — ’ SEZb. VII, 289: Kosovo; ib. VII, 118: Levač; Zs. Karadžić I, 213: um Nisch. — 8 M. Krečmar, Swjećenje swj. Jana křćenika w ku- lowskej wosadźe. Łužićan V (1864), 29.