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140 Feste und Volksbrauche der Sorben Pfingstmaien ein Roslein (andere Lesart: ReiBlein) abbrechen und solches nach Hause nehmen, damit etwa einen Aberglauben zu vollfiihren. — Gegen Abend aber und folgende Tage wird das sogenannte Pfingstfeuer auf dem Berge und in der Ebene von den Kuhhirten und andern angeziindet. Mit diesen hat es solche Bewandtnis: sie sammeln etliche Tage vorher Holz, wo sie es nur finden rnogen, zusammen in einen Haufen: solches ziinden sie her- nach gedachte Zeit an, kochen dabei eine Milch und sieden Eier, die ihnen die Wirtin mitgibt, andere junge Leute finden sich hinzu und sehens mit an. Jetzt wird dieses Feuer mehr im Gdrlitzschen von den Deutschen als im Budissinschen von den wendischen Hirten gebrennt." An einer anderen Stelle 1 erwahnt er Pfingstfeuer bei Bautzen: „Doch ist unfern davon (Bautzen) der Huttberg, auf welchem sich jahrlich an dem heiligen Pfingst- tage das junge Volk haufig versammelt; welches daher kommt, weil die alten heidnischen Wenden es also um solche Zeit gehalten.“ Diese Sitte der Pfingstfeuer ist langst erloschen, doch der Grunzauber ist lebendig. Die magische Kraft, die man den Pfingstzweigen zuschreibt, besonders gestohlenen, sucht man auf verschiedene Weise auszuniitzen: An den Tiiren und Fenstern haben sie Abwehrkraft, ebenso wie der ins Fenster gestellte Kalmus 2 . Nach neun Tagen auf die Tenne gelegt, vertreiben sie die Mause 3 . Eine Kuh, die man mit einem Pfingstzweig zum Markte treibt, verkauft man gut 4 . Uber die Maibaumbrauche zu Pfingsten wurde bereits oben P. 106 ge- sprochen. Wahrend der Pfingstsonntag als ernster Feiertag gilt, man geht nach- mittags auf den Friedhof und gedenkt der lieben Toten, bricht am Montag die Festfreude durch. Uberall wird getanzt, vielfach auch noch Dienstag. In der Niederlausitz finden zu Pfingsten oder an einem folgenden Sonntag Wettrennen in interessanten altertiimlichen Formen statt. Hierher gehort das Elstertragen in GroB-Lieskow (Liškow) und Zahsow (Cazow) (heute schon selten), am zweiten Pfingsttage von den Hutejungen veranstaltet. Der als erster am Ziele eintreffende Reiter wurde mit einem Kranz geschmiickt und blieb ein Jahr lang Kdnig, der letzte aber muBte am Ende des Zuges reiten und eine Stange tragen, an welcher eine Elster und ein Eichhornchen angebunden waren. Wahrend des Umzugs sammelte man bei den Besitzern der Fohlen EBwaren und Geld fur die nachfolgende Tanzunterhaltung 5 . W. Mannhardt fiihrt eine groBe Zahl von Varianten des Pfingstwettlaufs und -wettritts an 6 , fiir welche folgende gemeinsame Ziige charakteristisch sind: Das Ziel ist der Maibusch oder Maibaum, der erste Sieger wird Konig, der letzte erhalt einen Spottnamen [Pfingstliimmel, Pfingstbutz, Wasservogel, weil er zum SchluB ins Wasser geworfen wird (Bayern), Pfingsthammel, Pfingstesel u. a.]. Beide erhalten Attribute der Vegetation, und zwar der Kdnig gewohnlich einen Kranz oder geschmiickten Busch oder Baum, der 1 Hs. S. 133. — ’ Miiller 162. — • Schulenburg, W. V., S. 254. — * Veckenstedt 442. — 5 Muller 162. — 6 WFK. I, 382—297.