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Vorfruhling - Ostern 129 Damit die Hexen dem Vieh nicht schaden, futtern sie es in der Niederlausitz vor Sonnenaufgang und stecken Kreuzlein zu allen Stalltiiren 1 . 98. Karsamstag, os. jutrowna sobota, ns. śicha sobota. Bei den Katholischen lauten beim Gloria der Friihmesse die Glocken wieder. Abends um 8 Uhr findet bei ihnen die Auferstehungsfeier mit Umzug um die Kirche statt. 99. Osternacht. Bis zur Reformation herrschte in der Oberlausitz eine Reihe von kirchlichen Osterbrauchen, die in der katholischen Kirche zum Teil noch weiterbestehen. Nach Abraham Frenzel 2 wurden am Griindonnerstag die Kirchenlichter ausgeloscht und anstatt der Glocken riefen holzerne Klap- pern Donnerstag und Freitag zum Gottesdienst. Am Sonnabend anlafilich der Auferstehungsfeier zog die Prozession in die finstere Kirche, wo durch kreuzweises Schlagen eines Feuersteins Neufeuer entfacht und ein Reisig- hauflein in Brand gesteckt wurde. Daran wurde die groBe Osterkerze (die Bautzener, die 1525 entfernt wurde, „war 15 Ellen hoch und eines guten Mannes Dicke“) und die Kirchenlichter entziindet. 1528 wurde in Bautzen auch die bis dahin in der Osternacht iibliche consecratio fontis abgeschafft, die mit der Erneuerung des Taufwassers verbunden war 3 . Heute klingen bei den Evangelischen die Osterglocken von zwolf Uhr nachts bis zum Morgen. Die evangelischen Madchen versammeln sich und ziehen nach Mitternacht, Osterlieder singend, von Haus zu Haus, wofiir sie mit Kuchen, Erfrischungen und Geld belohnt werden 4 . In der Nieder- lausitz singen die Madchen auch schon am Karfreitag Osterlieder (Mĕrćin Nowak in der Nowa doba vom 14. April 1949). Die Burschen lauten und schiefien die ganze Nacht. Allgemein schreibt man dem um Mitternacht unter Schweigen geschopften Osterwasser, os. jutrowna woda, ns. jatšowna woda, besondere Kraft zu: es ist heilkraftig, besonders bei Augenleiden, fordert Gesundheit, Schdnheit und Fruchtbarkeit und verdirbt nicht. Deshalb schiittet man sich gegenseitig damit an, wascht sich damit, setzt davon dem ersten Badewasser der Kinder zu, besprengt damit die Krautsetzlinge, trankt damit die Haustiere, reitet die Pferde in die Schwemme, u. a. Der Glaube an die Heilkraft des Osterwassers ist nicht auf die Sorben beschrankt, sondern ist bei Deutschen, Tschechen, Polen, Ungarn zu finden 6 . In der Niederlausitz ziindet man beim Wasserholen groBe Feuer an den Ufern an, springt dariiber und entziindet alte Besen daran 6 . Bei den katholischen Sorben wird am Ostersonntag in der Kirche Wasser 1 A. Cerny in den Nar. Listy vom 4 IV. 1896; Uber magische Karfreitagsbrauche in Schlesien siehe O. Hinke im Gebirgsfreund IX (Zittau 1897), 92. — 2 Historia, Hs., S. 470, 462, 469. — 3 tlber den Ursprung der Osterkerze s. Franz, Benediktionen, 519 ff. — 4 Kuba, Ctenf o Lužici, 38 ff.; Handrik im CMS. IV, 105. — 5 Sartori, SB. III, 151, wo reiche Lit.; ib. 155; Briickner, Mitologja polska 129: dyngus, »WasserguB am Ostermontag«, aus d. Dingnus, dingen. — 0 Miiller, 159; Parallelen zum Osterfeuer bei Mannhardt, WFK. I, 502 ff.; Sartori, SB. III, 147 ff. 9 Feste und Volksbrauche