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schrickt sie vor einem Hasen und greift sich an den Mund, so hat das Kind eine Hasenscharte, zajaca huba (Crostwitz), ns. huchacowa guba. Dasselbe Gebrechen wird es haben, wenn die Schwangere aus einern Topf trinkt, aus dem eine Liicke herausgeschlagen ist. Das Kind wird schmutzig sein, wenn sie mit ihren von Mist oder Unrat schmutzigen Handen ihren bloBen Korper beriihrt 1 . Sie soll nicht durch ein flieBendes Wasser waten, sondern iiber den Steg gehen, sonst wird das Kind spater unstet Beruf und Wohnort wechseln 2 . Sieht die Schwangere durch eine Ritze, so wird ihr Kind schielen 3 . Wenn sie den Flachs zum Trocknen in den Backofen setzt, soll sie nicht in den Ofen kriechen, sonst bekommt das Kind rote Haare 4 . Sie soll sich nicht die Nase zuhalten, wenn es irgendwo unangenehm riecht, sonst wird das Kind iibel aus dem Munde riechen 5 . Sie darf ihr Wasser nicht in der Dachtraufe abschlagen, sonst wird das Kind zum Bettnasser 6 . Fast alle genannten Verbote wurzeln in dem starken Analogieglauben des Volkes, viele von ihnen (z. B. nicht Holz brechen, nicht in den Ofen kriechen, nicht durch den Bach gehen, keine Leiche sehen) entspringen hygienischen Riicksichten. Fiir die meisten Verbote (nicht stehlen, sich nicht versehen) und fiir den Glauben beziiglich des Muttermals und der Hasenscharte lassen sich zahlreiche Parallelen bei europaischen und auBereuropaischen V61kern alter und neuer Zeit beibringen 7 . Die Geburt 2. Tag und Stunde der Geburt sind von besonderer Bedeutung fiir die Zukunft des Kindes. Wahrend Sonntagskindern ein langes, gliickliches Leben bevorsteht, haben Kinder, die am Donnerstag oder Freitag geboren sind, wenig Gliick zu erwarten. Einem Kind, das zur Welt kommt, wahrend im Dorfe eine Leiche ist, steht kein langes Leben bevor 8 . Kinder, die zu einer ungliicklichen Stunde geboren sind — viele Hebammen erkennen das aus den Himmelszeichen — hebt man vor dem Taufgang durch ein Wagenrad, um den bosen Zauber unschadlich zu machen (Ritus des Hindurchziehens), oder man reicht sie durch das Fenster hinaus 8 . Auch die Serben pflegen das Neugeborene durch ein Wagenrad, einen Reifen, die Herdkette, den Kessel- 1 M. Handrik im ĆMS. 54 (1901), 109; Schleife (Slepo). — 2 Ibidem. — ’ Schulen- burg, W. V. 107: Burg. — 4 Schulenburg, ib. — 5 Schulenburg, ib. — 6 Schulenburg, ib. — 7 H. Biegeleisen, Matka i dziecko, Lwow 1927, S. 32—42; Bystroń, Słowiań- skie obrzgdy rodzinne, Krakau 1916; Niederle, ŽSS. I 1, S. 59ff. H Ploss, Das Kind in Brauch und Sitte der Volker 2 , Leipzig 1884, I, S. 18ff.; H. Ploss und M. Bartels, Das Weib in der Natur und V61kerkunde 3 , Leipzig 1908, I, S. 614 ff.; Sartori, S B I, 21 ff.; Schneeweis, Običaji oko rogjenja i krštenja kod Srba i Hrvata, Sammelband des Kongresses der slaw. Geographen und Ethnographen in Krakau 1927. Schnee- weis, GrundriB des Volksglaubens und Volksbrauchs der Serbokroaten, Celje 1935, S. 52—81. — 8 Frau Kroll, Guhrow (G6ry), m. — ’ E. Muller, 138; Łužica X (1891); 5: Niederlausitz.