Volltext Seite (XML)
zwischen Burg und Miischen (Myšyw), wo neun Grenzen zusammenlaufen sollen. Jungen und Madchen begieBen einander 1 . 65. Die Heilkraft des Neumonds geht aber auch auf die Krauter iiber: die Kleinrussen sammelten heilkraftige Pflanzen und Krauter in der Neu- mondnacht 2 . Wie das Schopfen des heilkraftigen Wassers auf die Niichte vor den groflen christlichen Festen abgewandert ist, so ist das Krauter- sammeln heute an die Friihlingsfeste gekniipft: Am Griindonnerstag iBt man Gemiise, Salat oder Krautersuppen, was Gesundheit fiirs ganze Jahr verleihen soll. In vielen Gegenden nimmt man dazu vielfach neunerlei Krauter 3 . Auch am Charfreitag besteht das Mittagessen oft aus neunerlei Gemiise 4 . Die Serben sammeln heilkraftige Krauter in der Nacht auf den Biljani petak, »Krauterfreitag«, dann vor allem in der Georgsnacht, in der auch das heilkraftige Wasser geschopft wird; der Georgskranz hangt ein Jahr lang iiber der Tiir eines jeden serbischen Hauses. Beim Einholen des Weihnachtswassers (vor Sonnenaufgang!), mit dem sie auch den Teig fiir den Festkuchen anmachen, brechen die Serben auf dem Heimweg vielfach Haselzweige (winterlicher Ersatz der Krauter!) ab und tragen sie ins Haus 6 . Die Serben in der Lika stecken drei solcher Zweige an den Hausbalken, vor der Aussaat riihren sie das Saatgut mit den Zweigen um 0 . Viele essen am Weihnachtsmorgen Knospen von den Hasel- oder Kor- nelkirschenzweigen, die man vor Sonnenaufgang geholt hat, als erste Speise, damit sie das Jahr iiber gesund bleiben. Weidenkatzchen vom Georgs- tag mischt man in Serbien zu Weihnachten ins Hiihnerfutter 7 . Zu Weih- nachten abgeschnittene Weinreben hebt man in Slawonien auf und heilt da- mit Viehkrankheiten. Weit verbreitet ist das Einholen heil- und zauberkraftiger Krauter in der Johannisnacht 8 . Die Sorben suchen auf Johanni neunerlei Krauter vor Sonnenaufgang, die sind gut gegen Reiflen und Krankheiten 9 ; manche flech- ten aus diesen neunerlei Blumen einen Kranz und hangen ihn in der Mitte der Stube auf 10 . Am goldenen Sonntag bricht man um Freiburg neunerlei Blumen, die vor Hagel schutzen 11 . Die Neunzahl der Krauter scheint auf die neuntagige altarische Mondwoche hinzuweisen 12 . Wichtig erscheint es mir, dafl das heilkraftige Wasser meist in denselben Nachten eingeholt wird wie die Krauter, ja daB die Krauter oft in dieses 1 Schulenburg, W. V. 143: Dieses BegieBen fasse ich nicht als Regenzauber auf, sondern als Ubertragung der Heilkraft des Osterwassers. Es heiBt, daB sich fruher viele ganz im Wasser badeten. — 2 Machal 53. — 3 Sartori, SB. III, 141, wo viel Lit.; Andree, Braunschweiger Volkskunde, 341: die negenstdrke, Neunstarke, wird aus neun bestimmten Krautern gekocht. Andree weist auf den Zusammenhang dieses Gerichts mit dem angelsachsischen Neunkrautersegen aus dem 10. Jahrhundert hin, einer Wund- salbe aus neun bestimmten Pflanzen. — 4 Sartori, SB, 144: Pfalzburg. — 5 Schnee- weis, Weihn. Skr., 74. — 0 ib. 44. — 7 SEZb. VII, 297. — 8 Sartori, SB. III, 225, wo sehr viel Lit.; Biegeletsen, op. cit. 465 ff., 475: Krauter und Zweige. — 9 Schulenburg, W. V. 145; Liibbenau (heute deutsch). — 10 ib. 145. — 11 Sartori, SB. III, 218. — 12 Vgl. Schroder, Altarische Religion II, 131. 666.