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Die altesten Bestandteile dieser Umzuge, fiir die sich aus ganz Europa aus alter und neuer Zeit viele Parallelen beibringen lassen * 1 , sind die Masken, die Tiervermummungen und die Lebensrute. DaB der Schimmel und der Biir tiergestaltige Erscheinungsformen des Wachstumsgeistes sind, hat W. Mann- hardt 2 iiberzeugend dargetan. Der Umprecht (Ruprecht) der Umziige ge- hort in dieselbe Reihe wie der Pelzmarte, der Nikolaus, das Christkind. Sie alle sind Personifikationen des Festtags 3 , welche Ziige der Yegetationsdamo- nen angenommen haben (Lebensrute, Strohkranz, Strohgiirtel, Glocke u. a.). — Nach Mogk 4 hat der Knecht Rupert, mit Ziigen des Teufels ausgestattet, erst um 1650 von Franken aus seinen Eingang in Sachsen gefunden und den alteren Martin und Nikolaus verdrangt. Heute ist er schon zum Erzieher geworden, er belohnt die braven Kinder und straft mit seiner Rute die schlimmen. In den entsprechenden Umziigen der Sorben tritt der deutsche EinfluB besonders stark hervor. Die Formen Uprecht, Umprecht, mit Ausfall des anlautenden R sind wohl so zu erklaren, dafi man dieses R als zum Artikel gehbrig betrachtet hat: der^Ruprecht wurde zu ten Uprecht. Durch /t-Vor- schlag, der im Niedersorbischen vor anlautenden Vokal tritt, wird aus Uprecht ns. Huprecht. Mucke 6 fiihrt auch noch Formen an wie: huprich (os. rum- prich, rumpodich'), huprej (Ruprecht als Schotengespenst). Weihnachten 62. Bevor ich auf die Besprechung der Weihnachtsbrauche eingehe, mbchte ich emige allgemeine Bemerkungen iiber das Weihnachtsfest und iiber Fest- brauche iiberhaupt vorausschicken. Als Geburtsfest Christi wurde das Weihnachtsfest bekanntlich erst seit dem 4. Jahrhundert gefeiert, und zwar zum ersten Male in Rom 354, in Konstantinopel 379, in Antiochien 388. Vorher hatte man am 6. Janner so- zusagen die geistige Geburt Christi gefeiert, namlich die Erinnerung an seine Taufe im Jordan 6 . Auf den 25. Dezember wurde das Geburtsfest Christi vor allem deshalb festgelegt, um das grofie Fest der antiken Sonnenreligion, den dies natalis Solts inuicti, »den Geburtstag des unbesiegbaren Sonnen- gotts«, den die heidnischen Rbmer anlafilich der Wintersonnenwende feierten, durch ein christliches Fest zu ersetzen. Christus sollte die neue Sonne sein, die der Welt das Licht bringt. Fiir das Verstandnis der heutigen Weihnachtsbrauche ist der Umstand wichtig, daB die Kirche schon im friihen Mittelalter den Geburtstag Christi zum Beginn des Kirchenjahres gemacht hat. Schon die altesten rbmi- schen Sakramentarien (Sammlungen von Gebeten fiir den zelebrierenden 1 Sartori, SB. III, 47 ff.; Schneeweis, Weihn. Skr., 144 ff. — 2 W. F. K. II, 184 ff.— 3 Mannhardt, W. — F. K. II, 187: Ruprecht ist vielleicht urspriinglich eine mannliche Personifikation des Berchtentags; vgl. in der Schweiz Bertholdstag am 3. Januar. — 1 Wuttkes Sachs. Volkskunde 2 , S. 300. — 5 Wb. 449. —■ 6 Kellner, Heortologie 82 ff.