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Grenzen, sondern generell verboten. Doch schon die nächsten Zeilen schwächen dieses Verbot wieder ab, denn zur Klärung etwa vorliegender Sonderrechte werden die Empfänger des Schreibens zum 11. Oktober nach Dresden befohlen, um dort endgültig zu verhandeln. 309 Wenn die Städte geglaubt hatten, daß dort endlich die ihren Interessen und Forde rungen entsprechende Regelung erfolgen würde, so hatten sie sich gründlich geirrt. Zwischen einem energischen und scheinbar zu allem entschlossenen Schreiben an die verschiedenen Adligen und einer darauf bauenden Verhandlung mit allen Ge ladenen war ein sehr großer Unterschied. Das beweist der Abschied 310 vom 11. Oktober, in welchem den Städten, die an den Verhandlungen wahrscheinlich gar nicht teilgenommen hatten, mitgeteilt wird, sie sollten sich gegen jedermann freundlich verhalten und bei auftauchenden Verletzungen der Landesordnung dem Landesherrn oder dem Amtmann Bescheid geben. Es würde dann nach Billigkeit entschieden werden. So erweist sich der einzige Fall, in dem der Landesherr über haupt einmal, und auch dann noch mit Einschränkung, ein Produktionsverbot für das platte Land ausgesprochen hatte, als eine Enttäuschung für die Stadt; denn es kann kein Zweifel sein, daß sich an dem Zustand überhaupt nichts geän dert hat. Betrachten wir die Formen, in denen der Landesherr in den Kampf zwischen Stadt und Land eingriff, so können wir abschließend feststellen, daß er, wie immer man seine politische Konzeption bei näherer Untersuchung wird beurteilen müssen, durch seine Verfahrensweise den Interessen des Adels objektiv mehr diente, als denen der Stadt. Schon die Tatsache, daß der Landesherr keine Neuformulierung einer Landesordnung erwirken konnte bzw. wollte, kam dem Adel zugute. Über all tritt im Mittelalter das Bürgertum mit der Forderung nach schriftlicher Fixie rung der Rechtsnormen hervor. Wo solche fehlten oder die bestehenden als ver altet abgetan und vom Landesherrn nicht bestätigt wurden, wo der Grundsatz des feudalen Gewohnheitsrechts in der Form der Verjährung Geltung besaß, fiel dem städtischen Bürgertum die Kontrolle der örtlichen Gewohnheiten zu. Die Bereit schaft des Bürgertums, Zugeständnisse zu machen, wenn nur eine eindeutige Rechtslage geschaffen wurde, tritt am deutlichsten zu Tage, wenn man den Lan desordnungsentwurf des Jahres 1530 betrachtet 311 , in welchem außerhalb der Viertelmeile Leineweber ohne Beschränkung der Zahl gestattet werden sollten. Da dieser Entwurf keine Rechtskraft erlangte, ging der Kampf weiter, doch darf man ein soweit gehendes Zugeständnis des Bürgertums auch als Beweis für die nicht zu übersehende Stärke der Landproduktion ansehen. Görlitz hat ganz klar aus- 309 Zwischen dem Datum der Ausfertigung und dem Tage der Versammlung in Dresden (also in etwas mehr als 2 Monaten) gingen eine Reihe von Erklärungen beim Landesherrn ein. Der energische Ton hatte also zunächst seine Wirkung getan. 310 Sein Inhalt steht auf einem kleinen Zettel (Loc. 8746, hinter fol. 107) und ein von gleicher Hand geschriebener, gleichlautender Zettel (ebenda, fol. 122) trägt den Vermerk: „Ab schied der Leineweber geben als die vom Adel hiergewest“. 311 Görlitz, Woldemar, a. a. O., S. 227.