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vorgeschlagen; entweder soll der Landesherr 220 , durch seine Vertreter, oder der für das betreffende Dorf zuständige Feudale die Wünsche der Stadt erfüllen. Das be trifft die später zu behandelnden, durch Schreiben der Städte angeregten Anord nungen des Landesherrn an den Adel. Neben diese bei aller Schärfe des Brieftones doch passive, d. h. nicht auf selb ständige Aktion gerichtete Einstellung der Stadt, die von anderen die Erfüllung der eigenen Forderungen erwartet, tritt auch die selbständige Handlung, die zumeist erst nach vollbrachter Aktion in der Meldung des Vollzugs oder der Beschwerde der Betroffenen bekannt wird. Diese Aktionen mit Vernichtung von Webstühlen und Wegnahme der Leinwand sind aus der jahrelangen Mißachtung der zünftischen Vorrechte erwachsen. Sie dienen der Aufrechterhaltung des Produktionsmonopols. Nur die tatsächlichen Machtverhältnisse hindern die Städte daran, solche Aktionen häufiger in die Wege zu leiten, wobei zu beachten ist, daß wir sicher nicht alle Fälle kennen, da die Überlieferung sehr mangelhaft ist. Wenn man aus den Briefen und Akten erkennt, daß die Stadt eine Vernichtung der Produktion sowohl durch den Landesherrn oder seine Vertreter als auch durch Handlung der Stadt selbst unterscheidet, so ist es faktisch meistens ein Zusammenwirken gewesen. 221 Welche Ziele haben nun die anderen Beteiligten ? Die ländlichen Produzenten wollen ohne Behinderung durch die Stadt und ohne die Reglementierung der Zunft ihre Gewerbe treiben. Sie wollen so frei und so billig wie möglich produ zieren. Je nach dem Grade ihrer Beschäftigung steht dabei die Befriedigung des eigenen oder des lokalen Bedarfs, bzw. die Sicherung der Produktion für Markt oder Verleger im Vordergrund. Sie führen ihren Kampf dabei nach zwei Seiten, einmal gegen die Stadt und zum anderen gegen die produktionsstörenden Dienste und Abgaben an die Feudalen. Die Feudalherrn haben in erster Linie das Ziel, ihre beherrschende Stellung auf dem Lande gegenüber der Gesamtheit der ihrer Grund- bzw. Gerichtsherrschaft unterworfenen Bevölkerung zu sichern. Ihre positive Einstellung gegenüber den Landproduzenten ist in unserem Zeitraum bis zur Mitte des 16. Jh. noch nicht von der Absicht getragen, den Dorfwebern ihres Herrschaftbereichs Sonderab gaben für die gewerbliche Produktion abzuverlangen. Sie erheben keinen Stuhl zins von den Webern. Doch die Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft ist davon abhängig, ob es ihnen gelingt, die Existenz der Produzenten ihres Bereichs zu garantieren. Geschieht dies nicht durch eine grundherrliche Bindung, d. h. durch Land, das im individuellen Besitz des Bauern ist, so muß der Adel landarmen und landlosen Elementen durch gewerbliche Produktion die Gelegenheit zur Fristung ihres Unterhalts bieten. 220 Loc. 8746, fol. 60, Chemnitz an Landesherm gegen Abt von Chemnitz. 221 So 1522, als die Chemnitzer, von Beauftragten des Amtmanns begleitet, in Jahnsdorf einfallen (CDS II, 6, Nr. 454).