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(später dann noch mehr) Teile geteilt und ihrer politischen und sozialökonomischen Bedeutung beraubt werden sollte. 218 Durch diese Teilung wurde die Bildung eines für deutsche Verhältnisse außergewöhnlich geschlossenen Territoriums und damit eines entsprechend großen inneren Marktes als der Voraussetzung für die Heraus bildung kapitalistischer Produktionsverhältnisse verhindert. Dabei boten die Verhältnisse in Sachsen durchaus die Ansätze dazu, besonders seitdem durch die Hussitenkriege eine Verlagerung der Handelswege nach Norden eingetreten war, und der immer stärker werdende West-Ost-Handel Leipzigs Bedeutung als Handelsmittelpunkt ständig wachsen ließ. Diese Teilung war ein Sieg der feudalen Staatsauffassung. Sie stand im Gegensatz zu den Interessen des städtischen Bürgertums und hat dessen Entwicklung ge hemmt. Für den Adel bedeutete sie — trotz aller Zeichen von Mißbilligung, die sich aber mehr auf die notwendig gewordenen Umgruppierungen bezogen — eine Befestigung seiner Macht. Von Seiten der Landesherren war die Bedeutung der Schaffung und Erhaltung einheitlicher Territorialkomplexe noch nicht erkannt worden. 215 216 Am meisten läßt sich eine solche Auffassung noch bei Albrecht erkennen, dessen der Teilung entgegenstehende Motive allerdings nicht deutlich genug hervortreten. 217 Im Rahmen dieses albertinischen Staates geht nun die Auseinandersetzung vor sich, die wir im einzelnen zu betrachten haben werden. Sachsen bietet in der untersuchten Periode, also von 1470 bis 1555, den Eindruck eines Landes, in dem es zu größeren offenen Auseinandersetzungen zwischen Feudalherren und Bauern nicht gekommen ist, weil die sozialökonomischen Verhältnisse den beiderseitigen Interessen einigermaßen entsprachen; der sich anbahnende Prozeß der stärkeren Feudalbindung wird jedenfalls nur an einigen Stellen greifbar. In unserem Untersuchungsgebiet bot zudem die gewerbliche Produktion für viele Dorfbewohner die Möglichkeit, sich außerhalb der agrarischen Produktionsver hältnisse zu halten und Einkünfte zu verschaffen. Dadurch wurde der Gegensatz zwischen Feudalherren und Bauern, bzw. der gesamten Landbevölkerung und der Gegensatz zwischen Feudalherren und Bürgern, bzw. der gesamten Stadtbevölke- 215 Zur Leipziger Teilung vgl. die Dissertation von Hänach.E., Die Wettinische Haupt teilung von 1495. Leipzig 1909. Während hier, sehr stark auf die handelnden Personen zugeschnitten, die Vorgeschichte und die nachfolgenden Streitigkeiten berichtet werden, findet sich bei Kötzachke, Rudolf, Sächsische Geschichte. Bd. I, Dresden 1935, S. 169f., eine wohlabgewogene Einschätzung. Allerdings enthält sich Kötzschke einer Stellung nahme zu den Folgen, die die Teilung für die deutsche Geschichte gehabt hat. Er be merkt nur (ebenda, S. 171): „Ein Zeitalter sächsischer Geschichte ging mit diesen Er eignissen zu Ende. Eine neue, gewaltige Zeit zog herauf. Sachsen und das Haus Wettin traten in sie in aussichtsreicher und verantwortungsvoller Stellung ein, aber nicht mehr mit der Vollkraft, die während der vorangegangenen Menschenalter ihnen zugestanden hatte.“ 216 Hartung, Fritz, Deutsche Verfassungsgeschichte. 5. Aufl., 1950, S. 65ff. 217 Hänach, E., a. a. O., S. 55, S. 74; später hat Albrecht in der sog. „Väterlichen Ord nung“ von 1499 für sein Gebiet die Unteilbarkeit als Forderung erhoben, vgl. Kötzachke, R., Sächsische Geschichte, a. a. O., Bd. I, 1935, S. 195.