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Es ist eine bemerkenswerte Tatsache, die ich vorläufig nur andeuten kann, daß in der Nähe von Rittergütern die Zahl der Hausgenossen relativ gering war, dafür uns aber Häusler und Gärtner in größerer Zahl begegnen. Ich will daraus zu weit gehende Schlüsse noch nicht ziehen, aber mir scheint, als haben die Hausge nossen diese Zentren der feudalen Produktion bewußt gemieden, weil sie damit rechnen mußten, zur Arbeit auf dem Gut und damit in strengere Abhängigkeit gezwungen zu werden. Die für den Gesindedienst vorgesehenen Knechte und Mägde zogen es vor, durch gewerbliche Arbeit, „wenn auch in kümmerlicher Weise, so doch in unabhängiger Stellung, ihren Lebensunterhalt zu gewinnen“ 158 . Für die Hausgenossen des 16. Jh. traf das noch mehr zu. Auch die gewerbliche Produktion der Hausgenossen ist von der Forschung be rücksichtigt worden. Meistens hat man ihnen dabei eine Rolle neben den als typische Dorfhandwerker angesehenen Häusler zugewiesen. 159 Die Bedeutung der Landlosen für die im Erzgebirge und dessen Vorland auf kommenden Hausgewerbe ist bereits von Wuttke herausgearbeitet worden. 160 Das Bestreben des Adels, den Gesindezwangsdienst durchzusetzen, scheiterte an der Möglichkeit, sich diesem Zwang durch gewerbliche Arbeit zu entziehen. Während der ersten Hälfte des 16. Jh. bestand immer die Tendenz, die Hausgenossen auf die Verrichtung landwirt schaftlicher Arbeit zu beschränken. Doch war ihre gewerbliche Produktion im 16. Jh. nichtzu verhindern, ja, sie fanden „durch Verleger, Agenten und Landfahrer“ Beschäftigung im Dienste fremden und einheimischen Kapitals. 161 b) Warenproduktion und Marktverbindung Wir kommen nun zu einer weiteren wichtigen Frage: Hat eine Verbindung zwischen den ländlichen Leinewebern und den Ankäufern der Stadt bzw. dem städtischen Markt überhaupt bestanden, und welche Bedeutung kam dieser Verbindung zu ? 162 Das durchgesehene Material darüber ist besonders wenig ergiebig. Abgesehen von dem Verbot von Produktion und Handel 163 auf dem Lande müssen wir vor allem 168 Wuttke, Robert, a. a. O., 8. 50. 159 Vgl. Hoetzsch, Otto, a. a. 0., 8. 25ff.; Schmid, Rudolf, a. a. O., 8.28, war anderer Ansicht, allerdings mit dem Argument, es habe vor dem 18. Jh. überhaupt keine Landhandwerker gegeben, außer dem Müller, dem Schmied und den Brauern. Für den einen von ihm untersuchten Bereich, für das Amt Rochlitz, ist das nachweisbar falsch; Schulze, Otto Eduard, a. a. O., S. 233, führt Häusler und Hausgenossen als Handwerker an, und auch Kötzschke, Rudolf, Ländliche Siedlung a. a. O., 8. 116, spricht sich für die Zugehörigkeit der Landhandwerker zur Gruppe der Häusler aus. 160 Wuttke, Robert, a. a. O., S. 51. 161 Schulze, Otto Eduard, a. a. 0., S. 235 f. 162 Über die Anfänge nichtbürgerlicher „Unternehmer“ vgl. Kellenbenz, Hermann, Die unternehmerische Betätigung der verschiedenen Stände während des Übergangs zur Neu zeit. In: „Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte“, Bd. 44,13ff., 1957. 163 Handel auf dem Lande war grundsätzlich und — im Gegensatz zu den bekannten Sonderfällen bei der Landproduktion — ohne jede Ausnahme verboten. Görlitz, Wolde- mar, a. a. O., S. 211 ff.