Volltext Seite (XML)
meistern der betreffenden Städte ihre Produktion und halfen ihnen, ihre Unab hängigkeit vom Händler aufrecht zu erhalten, sie brachten auch der Stadt selbst Einnahmen. Schließlich erhöhte sich mit der Zahl der vorhandenen Bleichen auch die Möglichkeit, ländliche Produkte dort bleichen zu lassen, weil die kleinen Blei chen nicht voll ausgelastet waren und es mit der Kontrolle der zünftischen Her kunft der Leinwand nicht so genau nahmen. Interessiert waren an solchen Ver fahren die Aufkäufer ländlicher Leinewand, unter denen sich häufig Faktoren oberdeutscher Kaufleute befanden. Besonderen Anlaß zu Beschwerden gab es, wenn die Verbindung zwischen Garnkäuf und Bleiche gebrochen wurde. Es galt nämlich der Grundsatz: Wer in Chemnitz bleichen läßt, kann auf allen Märkten frei Garn kaufen. * * 356 Die Oberdeutschen nahmen die Freiheit des Kaufs gerne in Anspruch, mit dem Besuch der Bleiche nahmen sie es weniger genau. Für sie stand der Garnkauf in gar keiner Verbindung mit der Bleiche, weil sie die Ausfuhr un gebleichter Leine wand in die oberdeutschen Färbereien betrieben, ehe Sachsen selbst zur Einrichtung von Färbereien überging. So zeigt sich in den dreißiger Jahren, welche Folgen eine starke, Zunftprivilegien mißachtende Landproduktion haben mußte. Der Kampf gegen das Land verband sich mit der Konkurrenz untereinander, wobei sich gleichzeitig die neue Richtung in der Leinenproduktion ankündigte: Färbeleinwand im Auftrag der oberdeut schen Handelshäuser. In dem Maße, wie diese oberdeutschen Aufträge die Absatz schwierigkeit der Leineweber der sächsischen Städte beseitigten, verlor die Land produktion den Charakter einer tödlichen Bedrohung, zumal die auch auf das Land reichenden Verbindungen dieser Kaufleute abgebrochen wurden. Unsere gute Kenntnis dieses Jahrzehnts erklärt sich daraus, daß die Quellen besonders reichhaltig sind, weil es viele Gelegenheiten zu schriftlicher Äußerung gegeben hat. In der folgenden Zeit wird das schon wieder anders. Die neuen Faktoren lenken von der Landproduktion ab, und wir müssen auch die politische Entwicklung dieser folgenden Jahre berücksichtigen. Nach Georgs Tod wird 1539 die Reformation durchgeführt, die besonders hart näckigen Gegner, die Klöster Chemnitz und Zelle, verfallen der Säkularisation. Die Übernahme der Regierung durch den jungen Herzog Moritz, der bald in gro ßem Stile in die Reichspolitik eingreift, brachte Veränderungen im Kräfteverhält nis zwischen Landesherrn und Ständen. Wie schon der Bauernkrieg, so hat diese Ereigniskette das Stadt-Land-Problem in den Hintergrund gedrängt, so daß mir aus den vierziger Jahren nur die Prozesse gegen Langenhennersdorf sowie gegen Dörfer in der Umgebung von Chemnitz und die Anweisung des Landesherrn an Colditz hat man gewiß bleichen und auch zu Wuerzen des gleichen auch zuPenigk under dem graften von Leisnigk’ (Loc. 8746, fol. 62). 356 CDS II, 6, Nr. 211 (1470); diese Verfügung bezog sich nur auf Chemnitz, wurde aber auch auf Rochlitz angewendet, das sich 1536 über .Geithain, Hartha und Geringswalde beschwert, weil diese Städte zwar in Rochlitz Garn kaufen, die fertige Ware aber nicht auf die Bleiche schicken wollten' (Loc. 8746, fol. 180). Der Landesherr griff nur ein, wenn beide von ihm privilegierten Bleichen umgangen wurden.