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die Landesherrschaft in diesem Raum stark war und die Bauern dem Adel nicht völlig ausgeliefert hatte bzw. sich gegen solche Tendenzen des Adels stemmte. 340 Durch Bergbau und gewerbliche Produktion war die Lage der Landbevölkerung relativ günstig, der Klassenkampf nahm auf dem Lande nicht die Form offener Auflehnung an. Es machten sich jedenfalls in den Jahren nach dem Krieg keine Anzeichen bemerkbar, daß die Kräfteverhältnisse auf dem Lande sich wesentlich geändert hätten. Dagegen traten die Städte und das Land einander in der folgen den Zeit auf breiter Front entgegen. Seinen Ausdruck findet das — um in die neue Phase dieser Auseinandersetzung einzutreten — in den zusammenfassenden Be schwerdeaktionen der Städte. Eine Welle von Beschwerden setzte im Jahre 1528 ein. 341 Die Städte standen dabei in enger Verbindung, führten aber den Briefwechsel mit dem Landesherrn meist noch einzeln. Die landesherrliche Kanzlei wurde in diesem Jahre mit Schrei ben der Städte und Antworten des Adels geradezu überschüttet. Aus diesen Quellen gewinnen wir für den Charakter des Kampfes wertvolle Erkenntnisse. Der schlagartige Einsatz ist auch nicht lediglich durch die Überlieferung zu er klären, sondern vor allem aus dem Verlauf des Klassenkampfes zwischen Bürger tum und Adel im allgemeinen, wie er auf den Landtagen seinen Niederschlag gefunden hat. 342 In der Auslegung der Landesordnung von 1482 waren nämlich schon bald ernst hafte Differenzen aufgetreten, so daß 1488 der Anstoß zu gesamtwettinischen Beratungen über eine neue Landesordnung erging. 1498 und 1502 lagen Entwürfe vor, 1520 wurde die Ausarbeitung einer Landesordnung empfohlen; zustande- gekommen ist sie nicht. 343 Da legten 1527 die Städte des albertinischen Sachsens die von ihnen neu gedruckte Landesordnung von 1482 in Ausschußbesprechungen vor und wendeten sie als geltendes Recht an. 344 Den Widerspruch des Adels und 340 Ebenda, 8. 121 f. 341 Görlitz, Woldemar, a. a. 0., S. 226, setzt den Beginn des „energischen und anhaltenden Kampfes der Städte gegen das Umsichgreifen bürgerlicher Erwerbstätigkeiten auf dem platten Lande“ in das Jahr 1527. Die ersten Ansätze sind sogar schon 1526 zu beobach ten, als die Landesordnung von 1482 neu gedruckt wurde. 342 Zum Folgenden vgl. Görlitz, Woldemar, a. a. 0., S. 193ff.; alle Daten sind von ihm über nommen. 343 Die Bestrebungen, im ernestinischen Teile eine neue Landesordnung zu schaffen, waren erst 1556 erfolgreich abgeschlossen. Über die Stellungnahme zur gewerblichen Produk tion des platten Landes vgl. Buchda, F., Wirtschaftsrecht in jüngeren thüringischen Landesordnungen. In: Festschrift Hedemann, 1938, S. 35ff., mit vielen Literaturhin weisen. Grundlegend Mentz, Georg, Johann Friedrich der Großmütige. III. Teil, 1903, S. 113ff. (Kap. „Der Landesherr“). In diesem Zusammenhang darf ich nochmals auf die von Patze, Hans, a. a. O., S. 233ff„ im Quellenanhang abgedruckten Belege verweisen. Auch in Thüringen erscheinen die ersten Jahrzehnte, vor allem die dreißiger Jahre des 16. Jh. als Zeitraum lebhafter Spannungen im Stadt-Land-Verhältnis. 344 Görlitz, Woldemar, a. a. O., S. 194 mit Beilage 21. Im gleichen Jahre waren Bürger der Stadt Chemnitz, offenbar bei gewaltsamen Kontrollaktionen ländlicher Produzenten, von der Frau von Auerswalde festgesetzt worden. Herzog Georg veranlaßte ihre Be freiung, erkannte die Rechtmäßigkeit der städtischen Forderungen, nicht aber die Selb-