Volltext Seite (XML)
AGRICOLA, DER VATER DER MINERALOGIE Von WALTHER FISCHER, Idar-Oberstein Hervorragend als Naturforscher und Arzt, wurde er zum Künder der großen Leistungen der deutschen Technik, zum hervorragenden Forscher und Darsteller des mittelalterlichen Berg- und Hüttenwesens. Diese Worte stehen unter dem Bildnis AGRICOLAs im Ehrensaal des Deutschen Museums in München, Als Verfasser der 12 Bücher Vom Berg kw er ck ist er populär geworden, obwohl er in diesem Werke gar nicht seine eigenen Gedanken zum Ausdruck gebracht hat. Es liegt eine große Tragik in der Tatsache, daß seine bedeutendste geistige Leistung jahrhundertelang nicht die Anerkennung gefunden hat, die sie verdient, daß selbst der Ehrenname eines Vaters der Mineralogie, den ihm ABRAHAM GOTTLOB WERNER in Freiberg beilegte, nicht vermocht hat, seinen Ruhm als der eigentliche Begründer der modernen Natur wissenschaften in alle Welt zu tragen. Erst HERBERT CLARK HOOVER hat 1912 einmal klar ausgesprochen, daß Agricola einer der größten Forscher war, die den Grund zur Wissenschaft aus der Deduktion, aus Erfahrungstatsachen gelegt haben! Mineralogie im Sinne A. G. WERNERs war noch die Gesamtheit aller erd geschichtlichen Zusammenhänge, die Wissenschaft, die erst zu WERNERs Zeit in Oryktognosie (unsere heutige Mineralogie), Petrographie, Geognosie (unsere Geo logie) und Paläontologie aufgespalten wurde. Bedenkt man, daß die wissenschaft lichen Erkenntnisse in diesem Fache seit ARISTOTELES und THEOPHRAST kaum eine bemerkenswerte Erweiterung erfahren hatten, daß vielmehr die mittelalter lichen ,,Steinbücher'' mit ihren Fabeln von der Zauberkraft der Edelsteine einen betrüblichen Rückschritt bedeuteten und nur die Dichtebestimmungen des ALBI- RUN1 und ALKHAZ1N1 sowie die Systematik AVICENNAs als Fortschritte zu buchen waren, so gewinnt man erst den rechten Maßstab für die wissenschaftliche Leistung Agricolas. Gewiß findet man bei AVICENNA, ALBERTUS MAGNUS, LEONARDO DA VINCI und PARACELSUS einzelne eigene Naturbeobachtungen verzeichnet, doch vermochten sie nicht, die Beobachtungen allein als Grundlage der Theorie zu verwenden. Gerade der Vergleich Agricolas mit PARA CELSUS ist lehrreich genug: Beide bemühten sich, die aus der Antike bekannten metallischen Heilmittel wieder kennenzulernen und zu verwenden, beide waren längere Zeit in Bergbaugebieten tätig und hatten Gelegenheit, die Erfahrungen des Bergbaues und Hüttenwesens kennenzulernen. Während aber PARACELSUS Arzt blieb und sich theoretisch trotz der Betonung des Wertes der Beobachtung und des Experiments mit seinem mystischen System kaum über die arabischen Vorgänger erhob, entdeckte Agricola zu seinem grenzenlosen Erstaunen, daß ohne jedes Zutun der zünitigen Gelehrtenwelt mit ihrer „Wissenschalt" in den deutschen Gebirgs-