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AGRICOLA ALS BERGMANN Von GEORG SPACKELER, Freiberg/Sa. Während uns AGRICOLA mit seinen mineralogischen Schriften als Vater der Mineralogie, d. h. als Naturforscher entgegentritt, (s. Aufsatz FISCHER S. 66), der durch seine Beobachtungen einmal der Mineralien und ihrer Gemenge — der Gesteine — zum anderen ihrer Verteilung im Gebirge und der Bildung der Erzlager stätten neue Naturerkenntnisse suchte, um auf diesem Wege, d. h. durch größere Ausbeute, die Arbeit des Bergmannes ergiebiger zu gestalten, gilt sein Hauptwerk „De re metallic a" 1 , dem wir uns zuwenden, nicht so sehr der eigenen For schung, als vielmehr der Sammlung von Erkenntnissen und Erfahrungen der eigenen und der zurückliegenden Zeit zum Nutzen des Bergbaues. Was Agricola veranlaßte, das Berg- und Hüttenwesen bis in alle Einzelheiten zu studieren und schriftstellerisch festzuhalten, deutet er in seiner Widmung des Werkes an den Kurfürsten von Sach sen an. Seine mineralogischen Studien und seine ärztliche Tätigkeit zur Erforschung der Berufskrankheiten der Bergleute hatten ihm einen solchen Einblick in die Viel seitigkeit und die Schwierigkeiten der bergmännischen Arbeiten gewährt, daß er schreibt: Ich fürchtete, mein Leben möchte nicht ausreichen, um das Ganze erfassen zu können, geschweige denn es im Schrifttum festzuhalten. Wird doch jeder aus diesem Buch erkennen, wie weit verzweigt der Bergbau ist und wieviel Kenntnisse aus den verschiedenen Wissenschaften die Bergleute nötig haben, um Bergbau zu betreiben. Er vergleicht den Bergbau hinsichtlich seiner Vielseitigkeit mit der Landwirt schaft, stellt aber fest, daß es landwirtschaftliche Schriftsteller durch die verschie denen Jahrhunderte hindurch in großer Zahl gegeben habe, und daß zusammen fassende Lehrbücher der Landwirtschaft existieren; der Bergbau könne dem nichts Gleichwertiges zur Seite stellen. Außer kurzen Hinweisen bei dem römischen Schriftsteller PLINIUS (23 bis 79 n. u. Z.), der, wie AGRICOLA hervorhebt, nur sehr wenige Verfahren behandelt, Erzgänge auszugraben und Bergwerke anzulegen, fand er im ganzen griechischen und römischen Altertum keine Literatur vor. Die Schrift steller des Mittelalters und seiner eigenen Zeit konnte er nicht verwerten, da sie, wie RULEIN VON CALW 2 3 und BIRINGUCCIO 2 , gerade auf dem Gebiete des Berg baus nicht tiefgründig waren. Der letztgenannte befaßte sich hauptsächlich mit dem Metallguß, insbesondere der Herstellung von Geschützrohren, nur nebenbei mit Mineralogie und Erzlagerstätten, kaum mit dem Bergbau. RÜLEINs kleines Werk dürfte Agricolas mineralogische Studien, nicht seine bergmännischen Kenntnisse angeregt haben; zudem war jener den Alchimisten verschrieben. Das brachte Agricola zu der Überzeugung, das Bedürfnis der Zeit sei ein zusammenfassendes Lehrbuch der bergbaulichen Technik; dieses Werk zu verfassen machte er zu seiner 1 GEORGIUS AGRICOLA: De re metallica. Zwölf Bücher vom Berg- und Hüttenwesen, Basel 1556 (lat.). Neue deutsche Ausgabe von C. Schiffner, Berlin 1928. 2 ULRICH RÜLEIN VON CALW: ßin nutjlid) bergbudjtetm, etwa 1500. 3 S. VANOCCIO BIRINGUCCIO: Pirotechnia, Venedig 1540.