VON SAMMLERN UND SAMMLUNGEN DES MINERALREICHES IM XVI. JAHRHUNDERT Von HANS PRESCHER, Dresden Es mag verwunderlich erscheinen, daß an dieser Stelle von Sammlern und Sammlungen gesprochen wird. Museen haben — leider, muß man sagen — früher oft die Vorstellung von etwas Staubigem, sich selbst überlebendem erweckt. Da bei ist gerade dieser Standpunkt völlig falsch. Vergessen wir doch nie, daß die großen naturkundlichen Spezialmuseen wissenschaftliche Archive sind. Keinem Menschen fällt es ein, die Notwendigkeit großer historischer Archive zu bezweifeln. Die großen Museen sind heute mehr als nur Lehrmittelschauen. Sie sind Forschungsstellen geworden! Deshalb ist es notwendig, einen Blick rückwärts zu werfen. Gerade das halbe Jahrhundert nach dem Tode AGRICOLAs ist zusammen mit seinem Werke für die Kenntnis der Mineralien, die Entdeckung neuer und die Erforschung schon bekannter fruchtbarer gewesen als die anderthalb Jahrtausende seit ARISTOTELES und PLINIUS. In diesem 16. Jahrhundert liegt der Keim zu unseren heutigen modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen der unterirdischen Dinge. GEORGIUS AGRICOLA (24. 3. 1494 — 21. 11. 1555) Georgius Agricolas Bedeutung für Mineralogie und Geologie erstreckt sich nicht allein auf die Aufstellung eines für die damalige Zeit epochalen Mineral- Systems, nicht nur auf seine Forschungen über Werden und Ursachen unter irdischer Dinge; seine Bedeutung hat auf diesem Zweig der Wissenschaften noch weitere Ausmaße. Wir dürfen mit Recht behaupten, daß durch sein mineralogisches Werk überhaupt erst der Mensch des 16. Jahrhunderts sich bewußt wurde, daß es neben Tieren und Pflanzen auch noch Steine gibt. Waren vor ihm auch „Bücher der Natur" bekannt, wie das des KONRAD VON MEGENBERG (1309—1374), so zeigt uns jedoch ein Blick in solche Werke, welch kümmerliche Ausbeute sie ergeben. Außerdem behandelten sie in den meisten Fällen — wie z. B. des Zwickauer Bürgermeisters ERASMUS STELLA „de gemmi s" — Edelsteine. Die Vielzahl der „Fossilien", wie man damals Minerale, Gesteine und Versteinerungen in einem Sammelbegriff zusammenfassend bezeichnete, stellte erst AGRICOLAs Lebenswerk klar dar. Damit war aber auch der Anreiz gegeben, sich mit diesen Dingen näher abzugeben. Aber nicht etwa in der Art der Alten, die sich nur literarisch — aus philosophischen, evtl, noch alchimistischen Beweggründen heraus — damit befaß ten. Nein, es wurden die „Fossiles" gesammelt, untersucht und aufbewahrt. Damit hatte die Geburtsstunde der naturwissenschaftlichen Museen geschlagen. Wir kennen aus der Feder Agricolas mehrere Stellen, die vermuten lassen, daß Agricola selbst eine Sammlung besaß. Schon während seines Aufenthaltes in Venedig in den Jahren 1524—1526 trug er Mineralien zusammen, vielleicht damals mehr um der in ihnen angeblich enthaltenen medizinischen Kräfte als um der Mine-