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Die kunstgeschichtliche Stellung der Holzschnitte in Agricolas „de re metallica' 283 von Salzen usw. stellen zum Teil sehr verzwickte technische Einrichtungen und Vor gänge dar und sind ein Musterwerk der Zeichner, sowohl des Entwurfzeichners, also des BASILIUS WEFR1NG, als auch des Umzeichners auf den Holzstock, also des RUDOLF MANUEL-DEUTSCH, sowie ihrer Helfer oder Zunftgenossen. Besonders eindrucksvoll erscheint die Leistung, wenn man bedenkt, daß die uns so geläufigen Querschnittzeichnungen noch fast vollkommen fehlen und alles in perspekti- vischerAnsicht dargestellt ist. Man erkennt verschiedentlich, daß Bilder der 1450 erschienenen Pirotechnia des BIRINGUCCIO als Vorbild gedient haben; man sieht aber auch beim Vergleich meist einen außerordentlichen Fortschritt in der bildlichen Darstellung technischer Einzelheiten. Bemerkenswert ist, daß für das von ZACHARIAS SPECKLIN geschnittene Goldseifner-Bild des Bergwerksbuches (1928/53 S. 292) wohl der unscheinbare Holzschnitt des gold führenden Flusses in der Erfurter Bergbüchlein-Ausgabe von 1527 als Vorlage benutzt worden ist, auf dem zwei Seifner bei der Arbeit mit dem Läuter trog und der Breithaue dargestellt sind 21 . Auch verschiedene Bilder aus MÜNSTERS Kosmographie und anderen Werken haben als Vorbild gedient. — Aber in Agricolas Bergwerksbuch hat die technische Abbildung zum erstenmal die Höhe erreicht, die wir immer und immer wieder bewundern und die zu einem sehr großen Teil die Bedeutung des Buches bewirkt hat. Schon die zahlreichen Bilder, die das GezäheundGerätin systematischer Zusammenstellung und mit Darstellung der Einzelteile und beigefügter Legende bringen, zeigen diesen Fortschritt. Von den verzwickten Maschinen und Ge räten sind neben dem Gesamtbild die sämtlichen Einzelteile wiedergegeben, und mitunter ist die Herstellung dieser Einzelteile zugleich vorgeführt, wie bei dem Bild einer Krückelpumpe (1928/53 S. 148) — Bild 13 —. Bei der großen Zahl der Abbildungen und ihrem verwickelten Werdegang ist es nicht verwunderlich, daß einige von ihnen Fehler in der Darstellung auf weisen. Auf den drei Schachtbildern mit dem Handzeichen des RUDOLF MANUEL- DEUTSCH sind die schlägelnden Bergleute als Linkshänder dargestellt (1928/53 S. 80, 81, 83). Das kam in den älteren Zeilen des Holzschnittes öfter vor, da der Zeichner nicht daran dachte, das für den Druck bestimmte Bild in der Spiegelansicht zu entwerfen, oder weil es bei der gewählten Stellung und Haltung der Person bild mäßig vorteilhafter war, den linken Arm aktiv werden zu lassen, damit nicht der rechte das Gesicht verdeckte oder sonstwie störte 22 . — Auf dem zweiten dieser Schachtbilder — Bild 9 — ist das Stollnort nach der falschen Richtung gezeichnet. Die Darstellung eines Schachtbecherwerkes oder einer Kannenkunst mit Tretrad antrieb zeigt die Drehung des Tretrades in falscher Richtung; ent sprechend dem Ausschütten des Wassers muß das Tretrad in entgegengesetzter Richtung bedient werden (1928/53 S. 145) 23 . 21 PIEPER: Rülein S. 133, 152. — Vielleicht gehen auch beide Holzschnitte 1527 und 1556 auf ein noch älteres Vorbild zurück? 22 Die Frage der Linkshänderdarstellung wird zum Beispiel erörtert von ALEX. KAESTNER: Der Bergbau in den Wappen deutscher Städte, Essen 1939, S. 25; ferner von PAUL BRANDT: Sehen und Erkennen, 7. Aufl., Leipzig 1929, S. 343. Linkshänder finden wir auch auf dreien der Bergbaubilder in der Kosmographie von Seba stian Münster: WILSDORF S. 137, 141, 171. 23 Die Kannenkünste 1928/53 S. 144—146 sind 1928 S. 548 irrtümlich als Bulgenkünste aufgeführt.