Weitaus schwieriger ist es, die noch erhaltenen Einzelbriefe von und an Agricola zu erfassen. Glücklicherweise besitzen wir zwei wichtige Autographen sammlungen mit derartigen Briefen: die Briefsammlung JENISIUS und die Unter lagen im Stadtarchiv von Karl-Marx-Stadt (Chemnitz). Die Sammlung des Annaberger Lateinschulrektors PAUL JENISIUS (= JEN1SCH), die dieser zu Beginn des 18. Jahrhunderts anlegte, wird heute noch in der Kirchen bibliothek Annaberg im Erzgebirge aufbewahrt 1 . Die wertvollen Briefe hat man schon sehr früh zu einem etwa 10 cm starken Bande zusammengebunden, so daß Einzelverluste seitdem unmöglich geworden sind. Nur in einem Fall ging vor dem Einbinden ein Original verloren, das jedoch in Abschrift vorhanden ist; es handelt sich um einen Brief des DESIDERIUS ERASMUS VON ROTTERDAM an Agricola vom 24. März 1533. Die Sammlung JENISIUS enthält 13 an Agricola gerichtete Briefe und einen Brief, der von ihm selbst stammt. Die Briefe nehmen jeweils ein Blatt der Sammlung ein; sie sind also nicht lang. Ihr Erhaltungszustand ist erfreulicherweise, bis auf einige abgegriffene Ränder, recht gut. C. G. W1LISCH [4] hat hiervon 1730 fünf Briefe abgedruckt, die auch RICHTER 1754 bringt [5]; ein weiterer Brief ist von C. F. WILISCH [6] bereits 1712 abgedruckt worden. Die meisten Briefe dieser Samm lung, soweit sie Agricola betreffen, hat SCHMID im Jahre 1806 veröffentlicht [7]. Alles Nähere ist aus dem Verzeichnis auf S. 260 zu ersehen. Aus dieser Sammlung sind bisher die Briefe des HIERONYMUS FROBEN 1534 und des JOHANNES STRAMBURGER 1549 an Agricola noch nicht abgedruckt wor den. Daher wird in diesem Beitrag erstmalig der FROBEN-Brief wiedergegeben (Bild 1, s. Tafel XIV, nach S. 264). Der bekannte Buchdrucker FROBEN aus Basel, der fast alle Werke Agricolas verlegte, teilt u. a. in seinem in Frankfurt a. M. geschrie benen Brief mit, daß von Agricolas „D i a 1 o g i de rebus metallic i s", d. h. von „Bermannus sive de re metallica", noch genügend Exemplare vorhanden seien. Die Quellensammlung des Stadtarchivs von Karl-Marx-S tadt ent hält die Briefe Agricolas, die er als Bürgermeister von Chemnitz im Feldlager des Herzogs MORITZ von Sachsen im Kriegsjahr 1547 an den Rat der von ihm vertre tenen Stadt geschrieben hat; dazu kommen noch die Antwortschreiben des Rates (siehe Aufstellung auf S. 261). Die Briefe Agricolas an den Rat und dessen Antworten sind von UH LE 1884 ver öffentlicht worden [10]; einige Ungenauigkeiten bei der Übertragung in die Druck schrift fallen nicht sehr ins Gewicht. Bild 2 (s. Tafel XV, nach S. 264) gibt einen dieser Briefe Agricolas wieder. Im Stadtarchiv von Karl-Marx-Stadt befinden sich noch das Gemmensiegel, das Agricola zum Verschluß seiner Briefe verwendet hat, und die Papierurkunde, durch die Agricolas Haus in Chemnitz durch Herzog MORITZ mit den Vorrechten eines „Freihauses" bedacht worden ist (also sozusagen ein an Agricola gerichtetes Schreiben). Diese Urkunde stammt vom 14. Juni 1543 und ist ebenfalls in deutscher Sprache verfaßt (Konvolut Nr. 87b). 1 Dem Entgegenkommen' der Kirchenverwaltung Annaberg verdanke ich die Genehmigung zur Anfertigung von Reproduktionen des in der Sammlung JENISIUS befindlichen Briefwechsels Agricolas. Herrn Studienrat a. D. W. ROCH, früher Annaberg, bin ich für liebenswürdige Unterstützung zu großem Dank verpflichtet.