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seiner Schriften zu ls . Zu ihnen gesellte sich der Meißner Domherr JULIUS PFLUG™, der einem der mächtigsten meißnischen Adelsgeschlechter entstammte. Moritz unterstützte die Ansprüche dieses sehr gemäßigten, reformfreundlichen Katholiken auf das Bistum Naumburg-Zeitz. Den Räten und den Vertrauten des Herzogs verdankt Agricola die Anerkennung und Unterstützung seiner Forscherarbeit durch MORITZ. Sie waren es auch, die 1546 veranlaßten, daß er Bürgermeister von Chemnitz wurde und einen diploma tischen Auftrag erhielt. Agricolas Wirken als Bürgermeister hat seinen Niederschlag in dem Aktenwesen des Rates gefunden. Doch ist die schriftliche Überlieferung, soweit sie ins Stadt archiv gelangte, weder lückenlos noch besonders aufschlußreich, zumal es damals Wahlprotokolle und Ratsprotokolle im modernen Sinne noch nicht gab. Agricola wurde als „Regens" vom Rat üblicherweise auf ein Jahr gewählt und übernahm die Geschäfte vom „alten Bürgermeister" beim „Ansitzen" des Rates am 6. Mai 1546 * * * 20 . Als Bürgermeister leitete er verantwortlich die Angelegenheiten der Stadt, schloß in ihrem Namen Verträge und vertrat sie auch im Landtag. Er hatte ferner die Stadt urkunden zu verwahren und das Stadtsiegel zu führen. Welche einzelnen Ratsämter er daneben innehatte, ist nicht bekannt. Seine Berufung in das Amt zu diesem Zeitpunkt und unter diesen Umständen läßt vermuten, daß es sich um eine hochpolitische Angelegenheit handelte 21 . Herzog MORITZ befand sich damals in einer schwierigen Lage. KARL V. hatte sich die Hände freigemacht, um die protestantischen Fürsten niederzuwerfen. Die Führer des Protestantismus sahen die Gefahr, die ihnen drohte, und suchten den Herzog fester an den Schmalkaldischen Bund zu fesseln. Moritz erkannte wohl, daß bei einem Sieg des Kaisers in der zu erwartenden Auseinandersetzung zwischen Zentralgewalt und Territorialgewalt seine Stellung als protestantischer Fürst ebenso bedroht war, wie die seines kurfürstlichen Vetters und seines Schwiegervaters PHILIPP VON HESSEN. Doch bestand zwischen ihm und dem Kurfürsten ein gespanntes Verhält nis. Die Streitigkeiten um einzelne Hoheitsrechte, die sich aus der unglück lichen Teilung der Wettinischen Lande ergaben, hatten nie aufgehört. Uber die leidige Münzpolitik war keine Einigung erzielt worden. Vor allem aber tobte ein heftiger diplomatischer Kampf um den maßgeblichen Einfluß in den angrenzenden Stiftern (Magdeburgische Frage). MORITZ hielt den Sieg des Kaisers für wahr scheinlich. In diesem Falle mußte er damit rechnen, daß die Habsburger das Kur fürstentum Sachsen an sich rissen, wenn alle wettinischen Landesherren gegen ihn auftraten. So stand der Herzog unschlüssig zwischen den beiden Lagern und glaubte am klügsten zu tun, wenn er sich aus den Verwicklungen heraushielt. Auf jeden Fall mußte er aber gewappnet sein, und dazu brauchte er Geld. Darum sah er sich gezwungen, die seit 1541 ausgeschaltete „Landschaft" für den 13. Juli 1546 nach Chemnitz einzuberufen. Bei der erbitterten Stimmung der Stände war das ein Wagnis. Es scheint aber, daß die Regierung auf die Zusammensetzung des Landtags *’ Agricola widmete Christoph von Carlowitz: De mensuris, quibus intervalla metimur; Georg von Komerstadt: De precio metallorum et monetis libri tres und De veteribus et novis metallis. '• FISCHER, WALTHER: a. a. O. S. 16, Anm. 11 “ Stadtarchiv Karl-Marx-Stadt Spnnam 23ud> 1541—1555, III, II, 53a, I Bd. 3 Bl. 44 21 Zur Politik des Herzogs Moritz siehe BRANDENBURG, ERICH: Moritz von Sadisen, Leipzig 1898