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Agricola in Italien und seine persönlichen Beziehungen zur angelsächsischen Welt 24-3 schwer zu entscheiden ist, ob die erreichbaren Publikationen wirklich die auch in England führenden Werke gewesen sind. Mit diesen etwas fragwürdigen Angaben, die gewiß nur einen kleinen Teil der Benutzer Agricolas in England erfassen, muß hier vorlieb genommen werden. Das uns zur Verfügung stehende Material reicht nicht aus, um weitere Ergeb nisse zu erzielen; es müßte auch wohl der befreundeten englischen Forschung zur Bergbaugeschichte besser zugänglich sein und wird von ihr leichter bearbeitet wer den können. Die Aufgabe des Arbeitskreises im Verlage von ALDUS in Venedig, der also zu zwei Dritteln aus Engländern bestand, war sehr schwer. Es sollte die erste grie chische Gesamtausgabe des GALEN geschaffen werden, der bislang nur in nicht einmal vollständigen lateinischen Übersetzungen und in einigen wenigen griechi schen Teilausgaben gedruckt war. Das Gesamtwerk dieses neben HIPPOKRATES größten griechischen Arztes ist sehr umfangreich — die erste Ausgabe zählt in 5 großen Foliobänden gut 2900 Seiten. Nur ein sehr kapitalkräftiger Verlag konnte sich an diese Veröffentlichung wagen, da er jahrelang einige Gelehrte beköstigen und besolden mußte, Reisekosten und Abschreibegebühren zu tragen hatte, wohl auch die eine oder die andere kostbare Handschrift käuflich erwarb, wenn sie nicht aus Gefälligkeit geliehen wurde. Dabei war das Risiko sehr groß: Noch bestand kein wirksamer Schutz gegen den unbefugten Nachdruck. War die Ausgabe erschienen, durfte jeder Drucker einen wortwörtlichen Abdruck herausbringen, der natürlich viel billiger war. Dieses Unwesen des unbefugten Nachdrucks ist bekannt lich erst seit 100 Jahren beseitigt. Noch unsere Klassiker LESSING, GOETHE, SCHILLER, KANT und FICHTE haben einen langwierigen und vergeblichen Kampf gegen ihre Nachdrucker geführt. Zur Agricola-Zeit, zum Teil schon gegen Ausgang des 15. Jahrhunderts finden sich die ersten Ansätze zur Verhinderung der jedem Verleger so gefährlichen Unsitte. Die Drucker und Verleger suchten sich wenigstens lokal zu sichern, indem sie für bestimmte Länder zeitlich begrenzte Privilegien von den jeweiligen Landesoberhäuptern erwarben. Mochte dies auch etwas kosten, so war doch mit einem Privileg etwa des Kaisers, des Papstes, des Senats von Venedig, des Königs von Frankreich, des Kurfürsten von Sachsen, der Reichsstadt Augsburg schon manches erreicht. Nun hatte am 10. III. 1524 der venezianische Verleger LUCANTONIO JUNTA vom Papst und vom Senat ein solches Privileg für einen sehr erfolgversprechenden Plan erworben: Ihm war auf die Frist von 10 Jahren die Herausgabe der arabi schen Autoren auf dem Gebiete der Medizin vorbehalten. Die großen und kleinen Werke des RASES, AVICENNA, MESUE, SERAPION, ALHAZEN, ALCHA- BIT, AVERROES, MESAHALLAH, und was sonst noch greifbar war, sollten korri giert und nach Möglichkeit sogar neu übersetzt erscheinen! Damit hatte dieser aus Florenz stammende Verleger eine weitschauende Planung angefaßt, die großen Gewinn versprach. Also mußte der rührige Inhaber der Druckerei ALDUS, ANDREAS ASULANUS (eig. ANDREA DEI TORRES AN I D' ASOLA), einen ähnlichen Plan entwickeln, um dieser Konkurrenz zu begegnen. Er wollte die griechischen Autoren auf dem Gebiete der Medizin neu herausbringen. Die Ausfertigung eines entsprechenden Privilegs verzögerte sich aber bis zum 27. I. 1525. Es stellte jeden Versuch, die Werke von GALEN, HIPPO-