Volltext Seite (XML)
königlicher Gunst blühten, sondern von kleinen Territorialfürsten oder von Stadt gemeinden unterhalten wurden. Dazu wären etwa zu zählen: Pisa (1200), Pavia (1361), Siena (1246), Perugia (1330), Ferrara (1391), die sämtlich den Stu dierenden aus fremden Ländern viele Vergünstigungen eingeräumt hatten. Kleinere Universitäten, die nicht ganz hatten Schritt halten können und daher weniger Zulauf von Ausländern hatten, waren zum Teil sehr alte Gründungen wie Reggio (vor 1200), Vicenza (1204), Vercelli (1228), Piacenza (1248), Treviso (1318), Arezzo (1356) und Turin (1404). Doch haben an diesen kleineren Hochschulen vielfach Fremde die akademischen Würden erworben, weil damals der Erwerb des begehrten Doktortitels nicht an eine wissenschaftliche Ver öffentlichung, sondern nur an eine öffentliche Disputation und an ein gewisses ge setztes Alter gebunden war. Um so schwerer fiel in jener Zeit die Kostenfrage ins Gewicht; an einer großen Universität mit einem zahlreichen Kreis von Landsleuten und Dozenten, der zum festlichen Schmaus geladen werden mußte, konnte sich nur ein vermögender Mann den Doktortitel holen. Der Fremde, der nicht gerade über sehr erhebliche Mittel verfügte, studierte daher zwar an den großen, berühmten Universitäten, aber er promovierte meist an den kleineren, deren Akten vielfach verloren oder lückenhaft sind. So ist * 1 2 3 * * * es in leider sehr zahlreichen wichtigen Fällen unmöglich, den Erwerb eines akademischen Grades urkundlich nachzuweisen. Dies trifft ja auch für Agricola zu. Die zahlreichste Hörerschaft aus fremden Ländern wiesen die drei neben Bologna am besten mit berühmten Lehrkräften besetzten Universitäten auf: Padua (1222), Rom (1303) und Florenz (1349). — In Venedig gab es keine eigentliche Uni versität, ebensowenig in Genua, der anderen großen Seehandelsstadt. Dennoch lehrten dort, wie auch in M a i 1 a n d , zumal an den großen, reich und modern aus gestatteten Spitälern zahlreiche bedeutende, vielfach in einer „Akademie" vereinigte Gelehrte in mehr oder weniger öffentlichen Kursen wie an einer vollen Universität. Uber Agricolas Wege in Italien, das er im Herbst 1523 erreichte und im Spät sommer 1526 verließ, sind wir nur mangelhaft unterrichtet. Wir müssen sie aus ganz gelegentlichen Notizen aus seinen Werken, die von der bisherigen Agricola- Forschung leider noch nicht ausgeschöpft wurden, ziemlich mühsam rekonstruieren. Dabei unterstützen uns nur sehr wenige Briefe 7 aus diesen Jahren, die Agricolas Freunde in der Heimat einander geschrieben haben, wobei hier und da eine Nach richt über den Abwesenden einfließt. Auch versagt ein Zeugnis ganz und gar, das am ehesten hätte Aufschluß geben können: Der uns noch vorliegende ausführliche Lebenslauf des JOHANNES NAEVIUS erwähnt 8 mit keinem Worte den Studien- ’ Wenn auch deren Ausschöpfung Aufgabe des Bandes V der Gedenkausgabe bleibt, sei hier auf die nachweisbaren Übermittler von Nachrichten aus Italien hingewiesen: 1. Agricolas Schüler GREGOR HALOANDER, der gleichzeitig in Italien war. 2. Der Zwickauer Ratsherr BREUS. 3. Agricolas Bruder FRANCISCUS BAUER, der ihm wahrscheinlich das Zwickauer Stipendium nachsandte und dadurch in direkter Verbindung stand. Den Niederschlag der Nachrichten finden wir in den 3 Briefen von HERTEL an ROTH (Rats ¬ schulbibliothek B 21, B 138, B 139). Dazu kommen der CASIBROTUS-Brief aus Padua vom 28. 8. 1525 an ERASMUS und der LUPSHED-Brief vom gleichen Ort und Datum als Zeugnisse aus Italien selbst (Nr. 1594 und 1595 bei ALLEN). 8 Die Autobiographie des NAEVIUS ist übersetzt im .Personenregister* der Agricola-Gedenkaus- gabe Bd. II.