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sie die Ablesungen des Instrumentes eintragen, d. h. welchen Teilstrich das auf dem rückwärtigen Teil des Maßstabes aufgesetzte Instrument, welchen Teilstrich seine Zunge und welchen Teilstrich die ausgespannte Schnur zeigt, die durch drei Löcher der Zunge hindurchgeht. Weiter merken sie die Zahl der Lachter an. Die Zunge gibt auch an, ob sich die Schnur nach vorn oder nach hinten neigt. Ein Lot, wie die Bleiwaage, besitzt das Instrument nicht, sondern die Zunge ist am Instrument befestigt und liegt gewissermaßen auf ihm. Stol len vermessen sie, um zu ermitteln, wieviel sie ansteigen, wieviel Lachter ein unterer von einem oberen absteht, wieviel Lachter noch nicht aufgefahrenes Gestein zwischen den Häuern ansteht, die aus entgegengesetzter Richtung auf ein und demselben Gang oder auf einer Querkluft oder auf zwei einander zu laufenden graben." Dieser von Agricola erwähnte Kompaß (Bild 7) ist ein Setzkompaß mit Zeiger, vom Verfasser seinerzeit „A Ipenkompaß" genannt, und besitzt eine von allen übrigen Kompassen dieser Zeit völlig abweichende Teilung („Alpenteilung") [6]. Es war, nach der Zeichnung zu schließen, ein hölzerner Einbussolenkompaß von etwa 135 mm Durchmesser, der mittig angebracht eine mit Ösen versehene drehbare Regel aufwies, woran die Schnürenden befestigt wurden. Dieser Alpenkompaß weist zwei Teilungen auf, und zwar eine innere, offenbar als Hauptteilung anzusprechende, rechtssinnige Teilung in 2X12 Stunden und eine äußere, vollkommen unverständ liche Teilung, die als „Agricolas Alpenteilung" bezeichnet werden muß. Bei dieser ist der obere Halbkreis der Kompaßteilung in 132 Teile geteilt, d. h. 11 Teile „Alpen teilung" sind 15 Grad oder 1 Stunde. Je 11 „Alpenteile" sind zusammengefaßt und rechtssinnig mit 46, 57, 68, 79 usw. bis 178 beziffert. Diese Art der Bezifferung muß offensichtlich ihren Grund und Zweck gehabt haben, den wir aber heute nicht mehr verstehen können. Bemerkenswert ist auch, daß die innere Stundenteilung an Agricolas Alpenkompaß nicht in 8,8 oder 16/16 unterteilt ist, wie üblich, sondern in zehn Zehntelstunden. Auch diese Art der Unterteilung einer Stunde ist ganz eigen artig und nur in Agricolas „Alpenkompaß" feststellbar. Leider ist kein Anhaltspunkt dafür vorhanden, wo das von Agricola überlieferte „Instrument mit Zeiger" oder der „Alpenkompaß", wie wir jetzt sagen, herstammte. Aus der Redewendung von den „Stollen, die in den höchsten Bergen betrieben werden", kann vielleicht ver mutet werden, daß es sich um einen Tiroler Einbussolenkompaß mit drehbarer Regel handelt. Auch die Walen, jene italienischen Erzsucher des Mittelalters, die über die Alpen bis weit in das deutsche Mittelgebirge hinaufzogen, um Erze zu schürfen und zu waschen und sie dann in die Heimat zu bringen, erwähnt Agricola ('S. 291, 293). Diese Walen oder Venediger stehen somit ebenfalls in einem Zusammenhang mit den Alpen. Sogar die Venediger-Gruppe des Großglockners hat von ihnen ihren Namen erhalten [7], Schließlich muß noch erwähnt werden, was Agricola in bezug auf den alpinen Bergbau nicht schildert. Es sind dies die Arbeit der Wasserheber in Schwaz, die Salzgewinnung mittels „Sinkwerkern" und die „Schinzeuge". Diese Arbeiten oder Instrumente waren um die Mitte des 16. Jahrhunderts im österreichischen Bergbau von wesentlicher Bedeutung. Bei der eingehenden Beschreibung der Wasserhebung durch verschiedene Maschinen war Georg Agricola offenbar unbekannt geblieben, daß bis zum Jahr