Volltext Seite (XML)
Äußerungen bekannten sozialen Einstellung. Es sei hierzu nur auf die wenigen Aus lassungen gegen Ende des vierten Buches hingewiesen, die erkennen lassen, daß ihm die Arbeitsverhältnisse durchaus vertraut waren. Man muß vielmehr hier an den Zweck denken, den er mit der Herausgabe seines Werkes verband, Interesse für den Bergbau und das Hüttenwesen unter den Kapitalbesitzern und Gelehrten zu wecken, um den Bergbau zu fördern, dem Bürgertum und den Fürsten über all die wesentlichen Angelegenheiten der Gewinnung und Verhüttung der Mineralien einen Überblick zu verschaffen und den Unternehmungsgeist anzuregen, wozu auch eine allgemeine Kenntnis der Rechtsregeln gehört. Gleich der erste Abschnitt zeigt, daß sich Agricola nicht nur mit dem Rechtszu stand der Periode der Bergordnungen beschäftigt hat und beschäftigen konnte. Die rechtliche Entwicklung hat ihn gezwungen, auch auf die Zeit des Berggewohnheits rechts zurückzugehen, wenn er sich mit der Verleihung einer Fundgrube und der anschließenden Gruben befaßt. Sind doch selbst zu seiner Zeit Gruben und Stollen noch in Betrieb, die nach dem Gewohnheitsrecht verliehen wurden und auch noch verliehen werden, soweit sie nicht in einem Gebiet liegen, für das die neuen Berg ordnungen Geltung haben. Aber auch diese Bergordnungen selbst regeln für das Bergbaugebiet ihrer Zuständigkeit die Verhältnisse nicht abschließend. Nahezu aus nahmslos enthalten sie Verweisungsregeln, wie sie z. B. am Schluß der Anna- berger Bergordnung vom 5. 2. 1509 und der nahezu wörtlich übernomme nen Jo achims th ale r Bergordnung vom 2. 8. 1518 stehen: ,,S)pfje unfjere Orbnung fall in allen artideln bis fju unfcr voranberung, bie wir uns aus furfflid>er oberfeit alfjeif fju ttjnn vorbefralben, unverbrudjlid) von pebcrmann gcValben werben, unb wafj in biefjer orbnung nidjt begriffen aber aufjgcbrugft ift, fall eg bep gemepnen bcrgfredjten unb alber Verbrachter bergfroergfg ubung bleibenn. Es follenn aud) unfjer amptleute, Vauptman, bergfmepfter unb anbcre, fo von ung befelh haben, vlepffig unb freivlid) barob fepn unb ufffehrn, bag bpefje unfjer orbnung vcftigF lid) gehalben unb, wu anberfj befunben, fegen peberman mit ernft geftrafft werbe." So finden wir denn bei Agricola bei der Erwähnung der Rechtsquellen das Brauchtum und Gewohnheitsrecht (mos, ritus solennis, vetus consu- etudo) und das geschriebene Recht der Bergordnungen (lex) 3 bereits voll ständig unterschieden, wenn er sich auch manchmal im Ausdruck — vielleicht in« folge der Verweisungsregeln — nicht streng daran hält. Zu berücksichtigen ist weiter, daß Agricola z. B. bei der Wiedergabe des Inhaltes der Bergbauberechtigung nicht nur den Gold- und Silberbergbau im Auge hatte, son dern auch auf die niederen Mineralien Bezug nimmt, die mehrfach eine von den ersteren abweichende rechtliche Behandlung in den Bergordnungen erfahren haben. Das gilt gerade für die Grubenfelder. In seiner Ausführung zur Grubenfeldvermes sung weist Agricola mehrfach auf die verschiedene Größe hin, die das. Freiberger Gewohnheitsrecht und die späteren Bergordnungen dem Muter zubilligen, und führt ergänzend aus: „Heute ist die Art und Weise, Gänge zu vermessen und zu verleihen, gegen früher verändert, obgleich jener alte Brauch noch beachtet wird" (de re met. / S. 63). Beim Vermessen der Gruben nach altem Freiberger Recht kommt Agricola u. a. auf die Nebenlehen zurück, die der Bergmeister dem „König oder Fürsten" — wie ! Ausgabe 1657 / S. 64: „quae consuetudo hodie vim legis obtinet“.