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große Bedeutung des Probierens für die Schaffung einwandfreier, auf den Betrieb übertragbarer Ergebnisse spiegelt sich bereits im Vorstehenden wider; sie wird noch augenscheinlicher durch folgende Forderungen Agricolas: 8 „Wer Erze oder Metalle probieren will, muß wohl vorbereitet und über alle für die Ausführung der Arbeiten erforderlichen Dinge gut unterrichtet sein. Er soll die Tür zu dem Raum, in dem der Probierofen steht, schließen, damit nicht ein zur Unzeit Hinzukommender seine auf die Arbeit gerichtete Aufmerksamkeit stört. Die Waage ist in einem Gehäuse unterzubringen, damit sie nicht, wenn der Probierer die Metalle auswiegt, durch einen Luftzug hin- und herbewegt werde; denn das ist wesentlich für die Genauigkeit." Dies sind Grundsätze, die ganz modern anmuten und die wir heute in die Worte kleiden würden: „erfahrene und gewissenhafte Analytiker", „abgetrennte, nicht jedem zugängliche Laboratoriumsräume", „absolute Wägegenauigkeit". Daß man das Probeschmelzen nicht jedem Beliebigen überließ, zeigt auch die Kleidung und äußere Gepflegtheit der Probierer in den Originalabbildungen des rechteckigen und runden Probierofens (S. 189 und S. 190 der SCHIFFNERschen Übersetzung und Bild 3 dieser Arbeit); wahrscheinlich war es der Besitzer meist selbst. Das Probieren der Erze war nicht nur der geschilderten Gründe wegen nötig, sondern auch deshalb, weil man die einzelnen Mineralien nicht eindeutig ausein anderhalten konnte. Die Verwechslung von Nickel- mit Kupfer-, von Kobalt- mit Silbererzen hat ja den beiden, damals noch unbekannten Stahlveredlungsmetallen aus der Bezeichnung ihrer Erze später den Namen gegeben. Dieses Versuchsschmelzen, also die Erzprüfung auf „trockenem Wege", liefert lediglich einen Analysenwert, den für das zu gewinnende Metall. Dabei handelt es sich nicht um den „absoluten" Gehalt, wie ihn die moderne chemische Analyse ergibt, sondern um einen „relativen" Wert, der die Menge auch in der Praxis tat sächlich ausbringbaren Metalls anzeigt, über diese Tatsache ist man sich zu Agri colas Zeiten mit größter Wahrscheinlichkeit bereits im klaren gewesen. Die Bemer kung auf S. 406 der SCHIFFNERschen Übersetzung, wonach man beim Abtreiben, bei der „Trennung von Blei und Silber", auf dem Treibherd „gewöhnlich mehr Silber als beim Probieren findet", läßt einmal auf sonstige Übereinstimmung von Laboratoriumsbefund und betrieblicher Ausbeute schließen, zum anderen deutet sie als Ursache auf den sog. „Kapellenzug" (Edelmetallverluste durch Verflüchtigung und Einsaugen in die poröse Kapellenmasse beim Probieren), der den Alten eben falls geläufig gewesen ist. (Vgl. 7. Buch.) Diese Untersuchungsmethode ist nichts anderes als die heute noch geübte, im Metallhüttenwesen, aber auch für den Erzprospektor und im Laboratorium des Erz bergwerks bei Edelmetallbestimmungen durch Besseres noch nicht ersetzte und daher unentbehrliche Probierkunde oder D o k i m a s i e (vom griechischen doxtfiä^etv = abschätzen [des Gehaltes]). Wir kennen jetzt genau die Abweichun gen gegenüber den „exakten" analytischen Gehalten und wenden daher ihre rasch und mit geringen Hilfsmitteln durchführbaren Methoden häufig auch noch dann an, wenn die Ergebnisse nicht derart scharf sind, wie bei der Gold- und Silberbestim-. mung auf trockenem Wege, deren Resultate auch jetzt noch durch keine andere Ana- * ebenda, S. 190.