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Einrichtung der Manufaktur. 63 herbeigeholt, einen tüchtigen und soliden Mann, der, aus Frankenhausen in Thüringen gebürtig, anfangs als Informator der Söhne Tschirnhausens, dann als Gehilfe bei seinen wissenschaftlichen Arbeiten 15 Jahre in dessen Diensten gestanden hatte, nun aber bald aufs engste mit der neuen Manufaktur und Böttgers sonstigen Unternehmungen verwachsen und sich dauernde Verdienste um diese erwerben sollte. Er hatte ihn zunächst nur als seinen „Domestiquen“ angenommen, hatte aber schon damals größere Dinge mit ihm vor. Doch dem Direktorium scheinen diese Absichten Böttgers nicht sehr genehm gewesen zu sein. Sei es, daß es durch eine ihm ganz ergebene Persönlichkeit unmittelbarer mit diesem Unternehmen und mit Böttger selber in Verbindung zu bleiben wünschte, oder daß nur der Kammer rat Nehmitz seinem inzwischen nach Hamburg verzogenen Bruder eine Versorgung zu verschaffen strebte, man berief Dr. Nehmitz nach Dresden zurück, wies ihn dort in das Laboratorium Böttgers und forderte diesen auf, ihn auf des Königs Befehl die Komposition der endlich gefundenen Glasur des Porzellans und die Erbauung der Öfen zu lehren 163 ), nachdem er die Zusammensetzung der Porzellan masse schon im Jahre 1708 dem Dr. Bartelmei angegeben hatte 164 ). Gleichzeitig machte man sich an die Einrichtung der Fabrik selber, die freilich zunächst für längere Zeit nur eine Fabrik von Steinzeug sein konnte. Denn mit dem Porzellan, das ja an sich schon vollständig erfunden war und auch in jeder Be ziehung ausnutzbar erschien, kam Böttger doch wegen seiner so unendlich viel schwierigeren fabrikmäßigen Herstellung damals und auch noch mehrere Jahre später durchaus noch nicht zurecht. Für dieses mußten erst die mannig fachsten Enttäuschungen durchlebt, die reichsten Erfahrungen gesammelt sein, es mußte experimentiert und immer wieder experimentiert werden, bevor Böttger es in technischer Beziehung so weit in seiner Gewalt hatte, daß an seine rationelle Ausnutzung auch nur gedacht werden konnte. Doch auch die melierten Fliesen, die erste keramische und für die ganze Weiterentwicklung der Arbeiten Böttgers so wichtige Erfindung, ließ man ganz außer acht und hat ihre fabrik mäßige Herstellung — es ist nicht recht klar, aus welchem Grunde — auch später niemals in Angriff genommen 165 ). Um so mutiger und entschlossener aber ging man jetzt mit dem roten Steinzeug ans Werk, das man mit Recht schon für ein recht kostbares Produkt hielt, auf das man die größten Hoffnungen setzte. Und so ist die im Jahre 1709 gegründete „Porzellanmanufaktur“, streng genommen, anfangs nur eine Steinzeugfabrik gewesen, die erst seit dem Jahre 1713 sich endlich den Namen einer „Porzellanmanufaktur“ mit Recht erwarb. Das darf in der Ge schichte dieser Anstalt nicht vergessen werden. Zunächst galt es hierbei, der neuen Gründung eine passende Stätte zuzuweisen, an der sie sich in voller Freiheit entwickeln konnte. Anfangs freilich glaubte man, sie in Dresden belassen zu können, auf jener Jungferbastei, auf der Böttger selber sich als Gefangener aufhielt. Bereits wurden hier neue Arbeiter angenommen und neue Öfen gebaut. Doch, obwohl man einen Teil der Arbeit außerhalb ver richtete, z. B. in Dr. Bartelmeis Haus auf der Schloßgasse das Stoßen und Sieben