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zu Dresden befindlichen Niederschriften des älteren Mehlhorn, der 1735 starb, Arnstadt als einer der Orte genannt wird, zu dem damals schon das Geheimnis des echten Porzellans gedrungen wäre. Doch kann dies unmöglich, falls diese Angabe überhaupt richtig ist, schon im Jahre 1713 geschehen sein, da doch sonst damals, als die Wiener Porzellanmanufaktur durch Stöltzel gegründet worden war, in den ausführlichen Berichten dieser Zeit über dies Ereignis mit Notwendigkeit auch von diesem früheren Verrat die Rede hätte sein müssen. Ganz genau dasselbe muß man aber auch hinsichtlich der Fabrik zu Anspach, die auch schon vor der Wiener begründet sein soll, sagen. Von dieser hat bisher nur Engelhardt zu berichten gewußt, dessen Glaubwürdigkeit aber in solchen Angaben nach dem oben erwähnten Fall wohl nicht allzu groß sein dürfte. Eben sowenig aber können auch die von Stieda (Die Anfänge der Porzellanfabrikation aus dem Thüringer Walde, Jena 1902, S. 10 ff.) namhaft gemachten Fabriken von Saalfeld, Rudolstadt, Ilmenau, Coburg als Porzellanfabriken, wie er es übrigens selber schon angedeutet hat, angesehen werden, da wir nach allem, was gesagt wird, nur dann in dieser Zeit ein Recht dazu haben, von wirklichen Porzellanfabriken zu reden, wenn ihre Erzeugnisse so bezeichnet werden — und das wird man bei der damaligen Bedeutung und Seltenheit einer solchen Anstalt niemals unterlassen haben —, daß wir an ihren Charakter als wirklich echtes Porzellan nicht mehr zweifeln können. Deshalb glaube ich aber auch, kann die am häufigsten und bis in unsere Zeit immer wieder nach Teinturier, Recherches sur les anciennes manufactures de porcelaine et de fayence (Alsace et Lorraine) Strassbourg 1868 angeführte (vgl. Schricker, Straßburger Fayencen und Porzellan. Kunstgewerbe blatt, N. F. 1891, S. 115 und Chavagnac et Grollier, Histoire des manufactures frangaises de porcelaine. Paris 1906, S. 49), in den Jahren 1719—1721 gegründete angebliche Porzellanfabrik zu Straßburg bis jetzt in keiner Weise als solche angesehen werden. Ich habe trotz sorgfältiger Prüfung aller Angaben nicht die geringste gefunden, die wirklich mit Sicherheit ergibt, daß hier damals schon das echte Porzellan hergestellt worden ist. Wohl aber das geradeste Gegenteil. Denn zunächst ist der erste Begründer dieser Fabrik, Johann Heinrich Wackerfeld, der Industrielle aus Anspach, gar kein Meißner Arbeiter, wie Teinturier und nach ihm alle mit solcher Bestimmt heit angenommen haben, da es in Meißen damals, d. h. bis zum Jahre 1719 gar keinen Arbeiter dieses Namens gab. Dann werden als Erzeugnisse gleich am Anfänge Teller, Schüsseln, Barbier becken usw. erwähnt, mithin Gegenstände, die man damals allgemein in Fayence machte, in Porzellan zu dieser Zeit aber noch nicht einmal in Meißen herstellen konnte, ferner wird der Begründer „Faiencier oder porzellangeschirrmacher“ genannt, und schließlich teilt Hannong, der Jüngere, der spätere Besitzer dieser Fabrik, nach einem Protokoll vom Jahre 1745 mit, daß er damals „vermeinte“, das „durchsichtige Porcelain“ zuwege bringen zu können; es konnte dies also selbst damals noch nicht mit Sicherheit in dieser Fabrik geschehen, wie viel weniger über 25 Jahre vorher. Meine Ansicht ist daher, daß die von Wackerfeld 1719 in Straßburg begründete Fabrik nur eine Fayencefabrik war und gegenüber der dort bisher schon bestehenden keramischen Fabrik von Hannong, dem Älteren nur insofern ein großer Fortschritt war, als jene nur eine, Ta bakspfeifenfabrik gewesen war. ’**) Berling, a. a. O. S. 63. 71s ) Stieda, a. a. O. S. 13. ’“) Stieda (Die Anfänge der Porzellanfabrikation aus dem Thüringer Walde, Jena 1902, S. 45) hat zwar nicht übel Lust, Gotthelf Greiner, den Begründer der Fabrik in Limbach, als einen zweiten Nacherfinder des Porzellans hinzustellen. Er sagt wörtlich: „daß er ganz selbständig und unabhängig von allen Vorgängern und Zeitgenossen — nur daß er, wie er selbst sagt, ihre Schriften studiert — zur Bereitung des echten Hartporzellans geführt wurde“. Aber, woher weiß er, daß in so später Zeit, d. h. in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, durch die damals die Welt schon zahlreich durchziehenden Arkanisten ihm nicht etwas von den oben oft erwähnten Prinzipien des Porzellans zu Ohren gelangt ist, und sagt er nicht auch selber, daß er die Schriften dieser Zeit, darunter sicherlich die weiter unten in diesem Werke genannten von Entrecolles und die anonyme von 1750, die doch voll der nützlichsten Angaben waren, gelesen habe? Auch