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281 Anmerkungen. .9, welchem Jahre wurde das Meißner Porzellan erfunden?“ im Neuen Archiv für sächsische Ge schichte und Altertumskunde, Bd. XXVII, S. 63 ff. 81 ) Nach Engelhardt (a. a. O. S. 253) soll Tschirnhausen in einem vom 6. Oktober 1707 datierten Briefe zuerst Böttger auf die Idee gebracht haben, den „Holländischen Delfter“ nach zumachen, eine Idee, die Böttger dann in der Tat durch die im Jahre 1708 erfolgte Begründung der Steinbäckerei (siehe S. 33) auch ausgeführt hat. Auch Ruehlener, der holländische Töpfer, dem Böttger dann diese Fabrik anvertraut hat, hat später Andeutungen gemacht, daß Tschirnhausen Böttger zur Anlegung dieser „Steinbäckerei“ veranlaßt hätte. Übrigens ist es durchaus nicht ganz unmöglich, daß Böttger die Idee Tschirnhausens, seine industriellen Be strebungen zu erneuern, aufgegriffen hat, als er noch auf dem Königstein saß — was er sehr ungern tat — als Mittel, um von dort wieder fortzukommen. Engelhardt nimmt dies als ziemlich sicher an. Auch finden sich auf dem Kgl. Sächs. Staatsarchiv mehrere Dokumente, die dieser Annahme eine gewisse Berechtigung, wenn auch keinen vollen Beweis zu geben scheinen. Nötig war jedoch wohl ein solches Mittel für ihn damals nicht, um von Königstein wieder herabzu kommen; denn Böttger sollte natürlich dort oben, wo er doch nicht recht arbeiten konnte, nur so lange sitzen, als der Krieg dauerte und die Gefahr bestand, daß er entführt werden konnte. 82 ) Siehe S. 30. 83 ) Daß die Fliesenfabrik die erste Manufaktur gewesen ist, die durch Böttger errichtet ward, geht aus dem Anm. 65 erwähnten Berichte Steinbrücks (S. 47 und 48) unwieder- leglich hervor. Dagegen hat sie das in Anmerkung 73 erwähnte „Meißner Manuskript“, das den ganzen Gang der Erfiridung des roten Steinzeugs und des Porzellans so folgerichtig schildert, gar nicht erwähnt. Doch gab es hierzu, da die Begründung der Fliesenfabrik mit diesen nur in ganz losem Zusammenhänge gestanden hat, auch keine zwingende Veranlassung. Dagegen scheint es gänzlich irrig zu sein, anzunehmen, wie es vielfach geschehen, daß die Leiden schaft des Königs, die ihren deutlichsten Ausdruck in dem Zusammenbringen jener ge waltigen, ursprünglich für die Ausschmückung des japanischen Palais bestimmten, heute den Hauptbestandteil der Kgl. Porzellansammlung zu Dresden ausmachenden Porzellanmassen fand, Ursache gewesen sei, daß gerade in Sachsen damals versucht ward, das Porzellan zu er finden, und daß es hier schließlich erfunden ward, in der besonderen Absicht, die großen Summen, die auf diese Weise ins Ausland gingen, dem Lande zu erhalten. Es hat sich trotz eifrigen Suchens wenigstens bis jetzt nicht das geringste Zeugnis dafür gefunden, daß jene Leidenschaft des Königs für das Porzellan damals, als man das Porzellan erfand, schon wirklich da war, vielmehr hat sich für mich als erstes Jahr, in dem sich eine innigere Berührung des Königs mit dem Porzellan wirk lich nachweisen läßt, bis jetzt das Jahr 1716 ergeben, in welchem Jahre nämlich er das damals dem Feldmarschall Flemming gehörige, dann später zum „Japanischen Palais“ gewordene Palais zu Dresden-Neustadt abkaufte, das schon sehr reich mit Porzellan ausgestattet war. Erst seit dieser Zeit lassen sich große Ankäufe in Porzellan von Seiten des Königs nachweisen. 8 ‘) Übrigens ist es möglich, daß die Begründung dieser Fayencefabrik mit einer besonderen Neigung des Königs zusammenhängt, wenn es nämlich wahr ist, was Engelhardt (a. a. O. S. 254) berichtet, daß der König die Absicht hatte, den Schloßturm in Dresden von oben bis unten mit Fliesen belegen zu lassen. 8S ) Dies scheint daraus hervorzugehen, daß Böttger mehreres versucht hat, für das in diesem Werke sich Rezepte vorfinden. So das rote Steinzeug (vgl. oben S. 45) sowie auch die Herstellung eines Liquor zur Konservierung von Leichen u. dgl. Damit soll indessen in keiner Weise an gedeutet werden, daß Böttger vieles diesem Buche einfach entnommen hat und dann für eigene Erfindungen ausgab. Denn einfache Rezepte genügen noch lange nicht, etwas in der Praxis brauchbar erstehen zu lassen. Theorie und Praxis ist nie dasselbe gewesen. Sonst würde ja jeder, der jene gelesen, Gleiches wie Böttger haben machen können, was ja aber bekanntlich nicht ge schehen ist.